Text: Andrea Weidemann

Der Tätigkeit des Versicherungsvertreters eilt ein schlechtes Image voraus. Kein anderer Beruf genießt ein so geringes Ansehen. Dennoch wird die Versicherungsberatung stark nachgefragt und den Beratern wird mehrheitlich vertraut.
Einer im Jahre 2022 durchgeführten Untersuchung des Marktforschungsunternehmen YouGov zufolge finden 64 Prozent der Befragten, dass Beratung bei Finanz- und Vorsorgethemen wichtig ist. Oftmals geht es um langlaufende Verträge. Für 52 Prozent wird die Unterstützung eines persönlichen Beraters aufgrund schwer verständlicher oder sogar irreführender Informationen im Internet immer wichtiger. In den meisten Versicherungssparten ist der personengebundene Kontakt ein wichtiger Absatzweg. Und das, obwohl die Digitalisierung auf dem Vormarsch ist. Einige Versicherungen kann man inzwischen bequem online abschließen. Das hat die Türen zu einer neuen Art von Komfort und Effizienz im Versicherungswesen geöffnet.
Was denn nun – in eine Versicherungsagentur gehen oder doch lieber ins Web? Unter dem Strich bleibt: Beide Methoden bieten Vor- aber auch Nachteile. Diese schauen wir uns genauer an.
Zeitersparnis durch den Wegfall von Bürobesuchen
Die Schnelllebigkeit unserer Zeit verlangt nach Effizienz in allen Lebensbereichen. Durch Online-Abschlüsse entfallen nicht nur weitläufige Wartezeiten, sondern auch zeitraubende Anfahrtswege zum Versicherungsbüro. Der Zeitpunkt für den Abschluss einer Versicherung kann individuell und flexibel gewählt werden – auch spät abends oder sonntags. Durch den digitalen Wandel passt sich die Art und Weise, wie wir unsere Versicherungen managen, nahtlos an das moderne Leben an. Vieles kann von wo auch immer und zu jeder Zeit erledigt werden.
Online-Rechner/Vergleichsportale
Im Internet kann man heutzutage fast alles vergleichen – vom Fernseher und Smartphone bis zum Staubsauger und zur Waschmaschine. Das gilt auch für Versicherungen. Es stehen verschiedene Vergleichsportale zur Verfügung, auf denen die besten Angebote verschiedener Versicherungsgesellschaften miteinander verglichen werden können.
Vergleichsportale und Online-Rechner sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Sie sind oftmals nur bedingt aussagekräftig und hilfreich. In der komplexen Versicherungsmaterie gibt es Unmengen von Fachbegriffen. Teils werden fehlerhafte Informationen geliefert oder die Gegenüberstellung beinhaltet nur die Beiträge und nicht die verschiedenen Leistungen, beziehungsweise die zugrunde liegenden Bedingungen. Zudem führen sie längst nicht alle Versicherungsangebote. Wenn beispielsweise ein Makler oder Vermittler diese Seite betreibt, werden im Vergleich sicherlich nur die Versicherer einbezogen, mit denen der Anbieter zusammenarbeitet.
Als Versicherungslaie allein die Entscheidung zu treffen, ist nicht einfach. Ein guter Berater hilft, das am besten geeignete Versicherungsprodukt auszuwählen. Traditionelle Versicherungsanbieter setzen nach wie vor auf die persönliche Beratung und auf das Vertrauen ihrer Kunden.
Schnelle Abwicklung
Der Onlineabschluss von Versicherungen ist in der Regel schnell, bequem und unkompliziert. Alle erforderlichen Informationen können direkt eingegeben werden und innerhalb kurzer Zeit an das Versicherungsunternehmen übermittelt werden. Eine Bestätigung und die Versicherungspolice lassen dann ebenfalls nicht lange auf sich warten. Dies ermöglicht es, den Versicherungsschutz zeitnah in Anspruch zu nehmen. Allerdings liegt auch der Nachteil auf der Hand: Man kann nicht auf die Expertise eines Beraters vertrauen, sondern muss sich selbst über Details informieren und diese mühsam auf der jeweiligen Webseite zusammensuchen. Es besteht das Risiko, eine voreilige und unüberlegte Entscheidung zu treffen, ohne sich ein umfassendes Bild von der Qualität und dem Kundenservice der Versicherungsgesellschaft zu machen. Außerdem ist in der Regel im Schadensfall die Schadenanzeige selbst über ein Online-Formular auszufüllen. Bis dato hat dies der Versicherungsvertreter vor Ort übernommen.
Ein zentraler Baustein beim Vertragsabschluss – egal ob in einer Versicherungsagentur oder online – sind die Gesundheitsfragen. Die wahrheitsgemäße Beantwortung bildet die Grundlage für den Versicherungsschutz. Ungenaue oder unvollständige Angaben können zu Schwierigkeiten oder sogar zur Ablehnung von Leistungsansprüchen führen. Deshalb ist es unerlässlich, diese Fragen mit größter Sorgfalt richtig zu beantworten. Auch hier stehen Versicherungsberater mit Rat und Tat zur Seite.
Für wen eignet sich denn nun was?
Online-Versicherungen eignen sich vor allem für diejenigen, die sich intensiv mit der eigenen Situation, dem entsprechend passenden Versicherungsschutz – inklusive der Gesundheitsfragen – auseinandergesetzt haben. Wer eher desinteressiert oder unschlüssig ist, fährt mit dem herkömmlichen Vertrieb erfahrungsgemäß besser.
Als Orientierungshilfe gibt es die Unterscheidung, ob es sich um eine erklärungsbedürftige oder bekannte Versicherung handelt. Beispielsweise bei der privaten Kranken-Vollversicherung ist der Onlineabschluss sowohl wegen der Beratungsintensität, aber auch aufgrund der umfangreichen Antragstellung nicht ratsam.
Anders verhält es sich dagegen mit Zusatzversicherungen. Bei der LVM-Krankenversicherung beispielsweise können Zahnzusatzversicherung und Auslandskrankenversicherung ganz einfach online über www.lvm.de abgeschlossen werden. Darüber hinaus steht weiterhin die persönliche Beratung und die individuelle Unterstützung beim Vertragsabschluss in einer der rund 2.230 Versicherungsagenturen zur Verfügung.
Fazit:
Taditionell oder modern – wo schließt man Versicherungen ab?
Der Abschluss einer privaten Kranken-Zusatzversicherung im Internet eröffnet neue Möglichkeiten, birgt jedoch auch bestimmte Anforderungen und Besonderheiten. Es reicht nicht, nur ein paar Klicks zu machen. Bestimmte Kriterien müssen dabei beachtet werden, um den vollen Versicherungsschutz und einen angemessenen Tarif zu gewährleisten. Die Vor- und Nachteile von Online-Abschlüssen lassen sich nur schwer verallgemeinern. Dies hängt nicht zuletzt davon ab, welche Art von Versicherung man online abschließen möchte.

Zur Autorin:
Andrea Weidemann arbeitet als Versicherungskauffrau in dem Bereich Verkaufsförderung der Krankenversicherung.