4/2022 Können Werbung und Konsum glücklich machen?

Menschen streben nach Glück und Zufriedenheit. Ohne diese Zustände können sie nicht (über-)leben. Das Mindstyle Magazin „Happinez“ befasst sich beispielsweise ausschließlich mit dieser Thematik.

Sehnsüchte nutzen
Für Unternehmer ergibt sich aus dieser Erkenntnis die Möglichkeit, derartige Sehnsüchte zu nutzen. So können Kunden an das Unternehmen gebunden werden, indem sie über Produkte und die Kommunikation in einen Glückszustand versetzt werden.

Neuromarketing
Geht es darum, im Rahmen von Marketing, Emotionen anzusprechen, sind wir schnell beim Begriff des Neuromarketing. Das Neuromarketing macht sich diese Erkenntnis zu Nutzen.

Es entsteht häufig der Eindruck, dass wir ständig bewusst und selbstbestimmt entscheiden und handeln. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Unser Bewusstsein ist nur bei der Lösung schwieriger und komplexer Probleme beteiligt. Die restliche Zeit treffen wir Entscheidungen eher unbewusst. Der Mensch verlässt eingeschlagene Pfade nur, wenn es unbedingt nötig ist. Übertragen auf das menschliche Gehirn sprechen Neurologen dann von sogenannten neuronalen Pfaden. Das Gehirn wandelt die Umwelt in neuronale Informationen und legt Netzwerke an. Auf diese bestehenden neuronalen Netzwerke greift das Gehirn zurück, wenn eine bestimmte Entscheidung zu treffen ist. Das heißt, abgespeicherte Konzepte wie konkret bestehende Entscheidungshilfen werden aktiviert und sind Motivation für unser Handeln, wann immer es möglich ist. So handeln wir, ohne darüber nachdenken zu müssen auf der Grundlage positiver Erfahrungen und den damit ausgebildeten neuronalen Verbindungen.

Hier greift das Neuromarketing. Ziel ist, dass sich der Konsument intrinsisch (aus eigenem Antrieb) motiviert, genau für unser Produkt entscheidet. Hierzu müssen bestimmte neuronale Netzwerke angelegt oder bestehende mit unserem Produkt verknüpft werden. Wie oben beschrieben, scheut der Kunden zu große Anstrengung, so auch die bewusste Auseinandersetzung mit sämtlichen Kaufalternativen. Produktbindung heißt das Zauberwort. An dieser Stelle kommen die Emotionen wie Glücksgefühle und Zufriedenheit ins Spiel. Verbinden wir mit einem Produkt eine positive Emotion, erinnern wir uns leicht daran. Verbinden wir nichts mit ihm, lässt es uns kalt und findet nicht unsere Beachtung. Werbung mit positiv besetzten Attributen oder Botschaften aktiviert Assoziations- und Emotionsnetze, die mit positiven Erfahrungen einhergehen. Werbung wird hier ganz gezielt eingesetzt.

So kaufen Konsumenten nicht länger ein gewöhnliches Auto, sondern die Werbung verspricht Ihnen ein Abenteuer, bei dem der Fahrer selbst in der Kleinstadt jeden Tag aufs Neue die Freiheit der großen weiten Welt spüren kann. Geht es um den Kauf von Sportschuhen, werden Produktversprechen gemacht, wie die Zugehörigkeit zu einer In-Group, die von allen bewundert und respektiert wird. Im Bereich der Kosmetikartikel werden Kunden, die einem bestimmten Schönheitsideal entsprechen möchten, Produkte angeboten, die sie strahlend schön aussehen lassen. Produktnamen wie „Jungglück“ unterstreichen diese Assoziation noch. Die Wahl der Farbwelt spielt hier ebenfalls eine Rolle. Türkis steht für Frische und löst Emotionen wie Erholung und Zufriedenheit aus. Sind den Konsumenten eher Themen wie Umwelt- und Tierschutz wichtig, setzt die Werbung auf vegane Naturprodukte in Beige- oder Brauntönen. Aber auch Markenbindung ist von Bedeutung. Warum bevorzugen Kunden ein Markenprodukt, wenn sie das nahezu gleiche No-Name-Produkt viel günstiger erwerben können? Hierbei geht es um ein bestimmtes Image, das die Marke verkörpert und damit gewisse Emotionen weckt. Macht mich die Vorstellung ein Produkt einer bestimmten Marke zu konsumieren glücklich, greife ich zu diesem Produkt unabhängig von rationalen Überlegungen, die ich in diesem Fall gar nicht erst anstelle. Indem Werbebotschaften spezifische Bedürfnisse wie Glück und Zufriedenheit ansprechen, kann dies ein Weg zur erfolgreichen Vermarktung von Produkten sein.

Achtung „hedonistische Tretmühle“
Hedonismus steht für Vergnügen, Lust und Freude und stammt von dem griechischen Wort „hedone“ ab. Im psychologischen Sinne bedeutet Hedonismus, dass all unsere Handlungen darauf abzielen, die Lust zu erhöhen und Schmerzen zu vermeiden. Die „hedonistische Tretmühle“ beschreibt das Phänomen, dass vor allem monetär herbeigeführte Glückszustände schnell vergänglich sind. Hinzugewonnener Wohlstand wie ein besonderes Schmuckstück zum Geburtstag, ein neues teures Auto oder eine Gehaltserhöhung setzt kurzfristig Glückshormone frei und beschert Momente der Freude. Dieser Gefühlszustand ist jedoch nicht von langer Dauer. Das menschliche Gehirn tendiert dazu, sich schnell an neue Situationen zu gewöhnen. So werden aus einer besonders schönen Gegebenheit schnell Normalität und Alltag. Diese bieten kaum noch Grund zur Freude oder Dankbarkeit. Dies zeigt, dass Produkte zwar glücklich machen können, derartiges Glück jedoch recht kurzfristig sein kann. Da die Freude über den Kauf nicht lange anhält, ist das Verlangen groß, sich durch einen weiteren Kauf erneut in einen Glückszustand zu versetzen. Der medizinische Psychiater Simon Guendelmann sagt: „Wir dürfen von den schönen Dingen nicht abhängig werden“. Er plädiert dafür, dem eigenen Leben mit mehr Achtsamkeit zu begegnen und darüber zu reflektieren, was einen tief im Innern glücklich macht.

Fazit
Werbung kann die Emotionen Glück und Zufriedenheit nutzen und durch den Aufbau emotionaler Produktwelten und durch den Konsum dieser Produkte zumindest kurzfristig für Glückszustände sorgen. Aus Unternehmersicht ein probates Mittel, auf derartige Emotionen zu setzen. Im Idealfall tendieren die Kunden dazu, durch wiederholten Konsum solche Zustände zu erhalten. Um aus Konsumentensicht langfristig glücklich und zufrieden zu sein, ist es jedoch ratsam, sich auf andere innere Werte zu besinnen und darüber sein Glück zu finden.

Quellen:
https://bbv-domke.de/ninetofive/neuromarketing-das-kaufwillige-gehirn/
https://www.zeit.de/zett/2016-11/das-prinzip-der-hedonistischentretmuehle-
verhindert-dein-glueck?
https://utopia.de/ratgeber/die-hedonistische-tretmuehle-so-kannst-dudeinen-
konsum-hinterfragen/
https://www.gluecksdetektiv.de/ist-glueck-kaeuflich-gluecksversprechenin-
der-werbung/

■ Alexandra Holthaus

IGU e. V.