„Wie viel Geld wird uns im Rentenalter monatlich zur Verfügung stehen?“ Eine einfache Frage. Und elementar wichtig, weil dieses Einkommen – anders als in der Generation unserer Großeltern – für weitere 20 oder 30 Jahre ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen muss. Der gestiegenen Lebenserwartung sei Dank. Dennoch kann diese Frage kaum jemand beantworten.
Doch warum ist dieses Thema so schwierig? Schließlich schickt doch die gesetzliche Rentenversicherung, die im Alter nach wie vor die Haupteinnahmequelle der meisten Bundesbürger darstellt, jedem Versicherten ab dem Alter von 27 Jahren eine automatische Rentenmitteilung ins Haus. Mit ihr erhält der Versicherte auf Basis der gespeicherten Daten einen Überblick zur Erwerbsminderungs- und Altersrente.
Diese Info ist sicher umfangreich, aber für den Laien kaum zu verstehen. Und die Gefahr einer Fehlinterpretation ist sehr hoch. So werden alleine für die Altersrente vier verschiedene Werte ausgewiesen:
◗◗ die bisher erreichte Rente,
◗◗ die zukünftige Rente, wenn man so weiterverdient wie bisher und
◗◗ letztere mit Steigerungssätzen von 1 bzw. 2 Prozent.
Klingt kompliziert? Ja, aber es geht noch weiter: Wie viel bleibt später eigentlich von der Rente netto übrig? Vielen ist bis heute nicht klar, dass diese Rente versteuert werden muss. Wie die Rente tatsächlich versteuert wird, hängt dabei vom Rentenbeginn ab. Ab dem Jahr 2040 muss die Rente voll versteuert werden, bis dahin gibt es eine Übergangsphase mit schrittweisen Erhöhungen.
Und es wird noch besser: Wie hoch der persönliche Steuersatz als Rentner ist und wie die Rente später mit Sozialanteilen belastet wird, weiß kaum jemand einzuschätzen. Was diese Nettorente dann unter Inflationsaspekten tatsächlich noch an Kaufkraft bietet, ist ein weiterer Aspekt, der die Unsicherheit vollkommen macht.
Doch die Versorgung im Alter besteht in der Regel nicht allein aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine private Lebens- oder Rentenversicherung, Riester- oder Rürup- bzw. Basis-Renten, Fondsguthaben und Immobilienbesitz sind die gängigsten Ergänzungen.
Aber wie wirken sich diese „netto“ aus? Eine private Rentenversicherung ist beispielsweise nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern, bei Riester und Rürup sieht es wieder anders aus.
Allein an diesen wenigen Fragestellungen wird das Dilemma der privaten Vorsorge in Deutschland sichtbar: Kaum einer kennt seine persönliche Versorgungssituation genau. Erst recht nicht „nach Steuern“ – dabei ist das, was letztendlich im Portemonnaie ankommt und was man sich dafür leisten kann, die entscheidende Frage. Und es ist mühsam, sich hierüber einen verlässlichen Überblick zu verschaffen. Unwissenheit – gepaart mit einer langen Dauer bis zur Rente – lähmt die Bereitschaft, rechtzeitig aktiv zu werden und vorzusorgen. Dabei ist gerade bei langlaufenden Sparprozessen – und nichts anderes ist Altersvorsorge – die Zeit ein ganz wesentlicher Faktor. Je früher man damit beginnt, desto günstiger ist die private Vorsorge.
Dieses Problem ist aber nicht neu. Politik und verschiedene Initiativen versuchen, den Verbrauchern mehr Transparenz zu bieten. Allen voran ist hier die Deutsche Renten Information e.V. (DRI) zu nennen: www.deutsche-renten.info, die bemüht ist, eine Lösung zu erarbeiten.
Scheiterte dies in der Vergangenheit regelmäßig an der Zusammenführung der privaten und staatlichen Daten, so zeichnen sich durch die Digitalisierung immer bessere Möglichkeiten ab.
„Online-Rentenkonto für alle Vorsorge-Säulen“ oder „Alle Rentenansprüche auf einen Blick“ sind nur zwei Überschriften aus Fachzeitschriften der jüngsten Zeit. Und auch im zurückliegenden Wahlkampf wurde ein „Zentrales Altersvorsorgeportal“ diskutiert. Einige skandinavische Länder machen uns bereits vor, wie so etwas aussehen könnte.
Die Vision: Jeder Bürger soll auf einen Klick seine tatsächliche Gesamtversorgung im Alter sehen, möglichen Handlungsbedarf erkennen und so zielgerichteter vorsorgen können. Dabei geht es an dieser Stelle noch gar nicht um mögliche Vorsorgeprodukte, sondern nur um die notwendige Höhe einer bis zum Lebensende ausreichenden Vorsorge. Es würde die Transparenz bei diesem komplexen Thema verbessern und die Beratung erleichtern. Der Markt würde sich quantitativ und qualitativ weiter entwickeln und letztendlich den Staat entlasten.
Bis es aber so weit ist, bleibt jedem Einzelnen nichts anderes übrig, als sich bei einem Berater seines Vertrauens seine Gesamtversorgung aufzeigen zu lassen und verantwortlich die eigene Versorgung aufzubauen.
■ Hans-Peter Süßmuth