Die meisten Deutschen schätzen den finanziellen Aufwand eines Rechtsstreits zu niedrig ein. Das zeigt eine repräsentative Forsa Umfrage im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Mehr als die Hälfte der Befragten wusste nicht, wie hoch die Gebühren für einen Anwalt, für das Gericht oder einen Sachverständigen ausfallen. Rund 77 Prozent schätzten die Kosten niedriger, als sie tatsächlich sind.
Komplizierte Kostenberechnung
Das Honorar für Rechtsanwälte, die Gerichtsgebühren und die Vergütung der Sachverständigen sind gesetzlich geregelt. Allerdings ist es für den Laien sehr schwer, hieraus die tatsächlich anfallenden Kosten zu ermitteln. So hängt die Höhe der Gebühren und der Gerichtskosten oftmals vom Streitwert ab. Dieser wird häufig erst nach Beendigung des Rechtsstreits vom Richter festgelegt.
Außerdem muss nicht immer derjenige, der einen Prozess verliert, dem Gegner die Kosten erstatten. Eine Ausnahme gibt es im Arbeitsrecht. In der ersten Instanz trägt hier jede Partei ihre Anwaltskosten selbst. Aber auch in den Fällen, in denen der Gegner die Anwaltskosten erstatten muss, kann es passieren, dass tatsächlich kein Geld gezahlt wird, zum Beispiel wenn der Gegner insolvent ist. Der Mandant muss dann seinen Rechtsanwalt selbst bezahlen.
Damit „Recht bekommen“ nicht eine Frage des Geldes ist
In den letzten drei Jahren sind die Anwalts- und Gerichtskosten im Schnitt um 16 Prozent gestiegen. Damit haben sich auch die Kosten für die Verbraucher stark erhöht, ihre Rechte durchzusetzen. Auch laut Forsa Studie sind 52 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Befragten der Ansicht, dass derjenige, der das meiste Geld für Anwälte zur Verfügung hat, vor Gericht Recht bekommt. Rund 46 Prozent der Befragten würden sogar eher auf eine Klage verzichten, wenn die Prozesskosten dafür höher sind als der Streitwert, um den es geht.
Wissen Sie, wie teuer ein Rechtsstreit ist?
Sachverhalt | Kostenrisiko* |
Sommerurlaub mit der Familie – Ärger mit dem Reiseveranstalter, Kosten der Reise: 3.550 Euro | 2.150 Euro |
Kündigung ausgesprochen, monatliches Bruttoentgelt des Mitarbeiters 2.700 Euro (Aufhebungsvergleich) | 2.150 Euro |
Tempolimit nicht beachtet und 1 Monat Fahrverbot, Geldbuße 200 Euro | 1.050 Euro |
Verkehrsunfall mit Schadensersatz, Schmerzensgeld und Verdienstausfall, Forderung insgesamt 20.000 Euro | 6.100 Euro |
Kündigung der betrieblichen Gewerberäume, monatliche Pacht 3.000 Euro | 8.300 Euro |
* regelmäßige ca. Kosten eines Verfahrens in der 1. Instanz (Rechtsanwalts-und Gerichtskosten; Sachverständigenkosten können ggf. noch hinzukommen)
■ Judith Hemann-Ihle und Anne Hilchenbach