Der demografische Wandel ist in jedem Unternehmen spürbar bzw. wird in kürzester Zeit spürbar werden. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigt, während die Anzahl qualifizierter Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt sinkt. Zurzeit ist ein Viertel der Mitarbeitenden 50 oder älter, bis 2020 werden es 35 Prozent sein.
Das stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen und bringt eine veränderte Arbeitswelt mit sich. ‚Diversity Management‘ ist seit langem ein zentraler Ansatz, der vor dem Hintergrund des demographischen Wandels immer relevanter wird. Den Bedarf an Mitarbeitenden decken zu können, wird ohne Zuwanderung und einer höheren Beschäftigungsquote von Frauen nicht gelingen. Dem betrieblichen Gesundheitsmanagement kommt eine immer größere Bedeutung zu, insbesondere im Hinblick auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden. Schließlich gilt es bereits heute, den „Umgang“ mit den unterschiedlichen Generationen zu managen. Dabei sind vor allem die Führungskräfte gefordert.
Derzeit befinden sich vier Generationen in der Erwerbsphase:
1. Die Nachkriegsgeneration (1946-1955)
2. Die Baby Boomer (1956-1965)
3. Die Generation X (1966-1980)
4. Die Generation Y (1981-1998)
Die Generation Z (1999-heute) wird ca. 2030 in das Erwerbsleben eintreten.
(Die Geburtenjahrgänge werden in der Literatur nicht einheitlich verwendet. Es lassen sich teilweise andere Einteilungen finden.)
Diese Vielfalt birgt Konfliktpotential, da sich die Generationen durch unterschiedliche Vorstellungen von Arbeit und Führung auszeichnen.
Ein Großteil der Nachkriegsgeneration befindet sich bereits im Ruhestand oder steht kurz davor. Kennzeichnend für diese Generation sind Disziplin und Pflichtbewusstsein. Sie sind leistungsorientiert und suchen nach Beständigkeit und Sicherheit. In der Zusammenarbeit zählen Kollegialität und Solidarität.
Bei den Baby Boomern, auch als Wohlstandsgeneration bezeichnet, handelt es sich um die geburtenstarken Jahrgänge, so dass sie den anderen Generationen zahlenmäßig überlegen sind. Auch die Baby Boomer sind leistungs- und sicherheitsorientiert. Darüber hinaus streben sie nach Status und Prestige.
Die Generation X, auch Generation Golf genannt, zeichnet sich durch einen neuen Arbeitsethos aus. Erwerbsarbeit steht nicht mehr über anderen Bedürfnissen. Sie arbeiten, um zu leben, und leben nicht, um zu arbeiten. Traditionelle Werte werden teilweise aufgegeben. Autoritäten werden angezweifelt, Anweisungen und Regeln werden erst dann akzeptiert, wenn sie nachvollziehbar sind.
Für die Generation Y sind Selbstverwirklichung und Sinn in der Erwerbsarbeit zentrale Werte. Sie wollen flexibel und selbstbestimmt arbeiten. Sie sind es gewohnt, viele Wahlmöglichkeiten zu haben und erwarten Abwechslung, Spaß an der Arbeit und Entfaltungsmöglichkeiten.
Die Generation Z wächst vollständig im Zeitalter digitaler Technologien auf. Sie nutzen Unmengen an Informationen zum eigenen Vorteil und können als Individualisten bezeichnet werden, die auf ihre persönlichen Ziele konzentriert sind. Die Bindung an den Arbeitgeber ist daher noch geringer als bereits in der Generation Y. An dieser Stelle muss explizit darauf hingewiesen werden, dass solche Charakterisierungen die Gefahr bergen, Stereotypisierungen und Vorurteile zu begünstigen; offensichtlich zeichnet sich nicht jede/r Angehörige einer Generation durch diese Vorstellungen und Erwartungen aus und die Beschreibungen sind vereinfacht und überspitzt. Sie dienen also in keinem Falle zur pauschalen Anwendung in Einzelfällen, helfen aber, ein Verständnis davon zu bekommen, welche generationsspezifischen Vorstellungen, Werte und Erwartungen innerhalb eines Unternehmens vorhanden sind. Dieser Hinweis gilt auch im Folgenden grundsätzlich, wenn die Generationen plakativ gegenüberstellt werden.
Die potentiellen Konfliktfelder, die sich aus der Generationenvielfalt ergeben, beziehen sich u.a. auf das Verständnis von Führung und die Rolle der Mitarbeitenden. Um exemplarisch zu verdeutlichen, was Mitarbeitende unterschiedlicher Generationen von Führungskräften erwarten, wird die Generation Y den Baby Boomern gegenübergestellt.
Angehörige der Generation Y hinterfragen Regeln und hierarchische Strukturen noch stärker als die Generation X es tut. Damit geht einher, dass sie eine Führungskraft nicht akzeptieren, weil sie diese Position hat, älter und erfahrener ist. Sie akzeptieren eine Führungskraft dann, wenn sie mit Argumenten überzeugt, die Mitarbeitenden ernst nimmt und sie versteht. Sie fordern Handlungsautonomie ein, während für ihre Führungskräfte – meist Angehörige der Baby Boomer – Pflichterfüllung ein zentraler Wert ist. Auch das Einfordern von Feedback, was Vertreter der Generation Y verstärkt tun, ist für viele Führungskräfte eine neue Erfahrung. Die Generation Y fühlt sich weniger an Unternehmen gebunden, Loyalität spielt eine geringe Rolle. Daher werden zielgerichtete Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung immer wichtiger.
Das ist bei den Baby Boomern anders. Für sie spielt Loyalität nach wie vor eine Rolle. Diese bezieht sich eher auf das Team und die Tätigkeit und weniger auf die Organisation als Ganzes. Dafür hat der persönliche Status einen hohen Wert für die Baby Boomer. Hier sind Führungskräfte gefordert, die Leistungen dieser Mitarbeitenden angemessen zu würdigen. Sie möchten aufgrund ihrer Erfahrungen ernst genommen und an Entscheidungsprozessen beteiligt werden.
Auch für den Abbau von Vorurteilen spielen Führungskräfte eine wichtige Rolle. Die üblichen Vorurteile bestehen darin, dass die Älteren den Erfahrungsmangel der Jüngeren betonen, während es umgekehrt heißt, dass das Wissen und die Erfahrungen der Älteren längst überholt seien und keinen Mehrwert mehr bieten könnten. Führungskräfte müssen in der Lage sein, ein Umfeld zu schaffen, in dem gegenseitiger Respekt und Wertschätzung gelebt werden. Sie sollten den Sinn der Teamaufgabe und die Bedeutung jedes einzelnen Teammitglieds verdeutlichen. Das heißt auch, jede/n Einzelne/n zu fördern und sich nicht nur auf die jüngeren Potentiale zu konzentrieren. Alter darf genauso wenig als Defizit verstanden werden wie geringere Erfahrungen der Jüngeren.
Menschen bewerten die Denk- und Verhaltensweisen anderer aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen. Das heißt, dass das Wissen über die Erfahrungen der anderen eine andere Bewertung nach sich zieht bzw. ziehen kann. Daher müssen die unterschiedlichen Generationen mehr voneinander erfahren, damit sie die Ursachen für die jeweils andere Denkweise kennen. Wenn man weiß, woher eine bestimmte Einstellung kommt und worauf sie gründet, ist es einfacher, Verständnis dafür zu entwickeln und entsprechend nachsichtig bzw. verständigungsorientiert miteinander umzugehen.
Es ist die Aufgabe der Führungskräfte, für ein besseres Verständnis und einen intensiveren Austausch untereinander zu sorgen. Hierzu eignen sich beispielsweise Generationenworkshops, in denen die unterschiedlichen Lebensauffassungen und Vorstellungen von Arbeit thematisiert werden. Dabei könnte auch gemeinsam erarbeitet werden, wie mit Konflikten und Meinungsverschiedenheiten umgegangen werden soll und wie die Vielfalt konstruktiv genutzt werden kann. Neben Workshops sind auch Tandems gut geeignet, den Wissenstransfer und den Austausch von Erfahrungen zu fördern.
Insgesamt muss deutlich werden, dass Vielfalt keine Last ist, mit der umgegangen werden muss, sondern dass sie gewünscht ist. Heterogene Teams können erfolgreicher sein, da sie zu innovativen Lösungen kommen. Durch die unterschiedlichen Wissensstände, Lebenserfahrungen und Einstellungen werden Probleme breiter wahrgenommen. Dadurch entstehen mehr Ideen als in homogenen Teams. Das verbessert wiederum die Problemlösefähigkeit aller Beteiligten und führt letztlich zu mehr Innovation und Kreativität.
Mit einer wertschätzenden Haltung allen Generationen gegenüber, mit Verständnis und gegenseitiger Anerkennung lassen sich altersgemischte Teams erfolgreich managen.
■ Dr. Patricia Heufers