In vielen Unternehmen starten in den nächsten Wochen neue „Azubis“ ihren Weg in das Berufsleben. Wenn man sich die sinkenden Zahlen zukünftiger Schulabgänger vor Augen hält, wird schnell der Wert dieser neuen Mitarbeiter klar: Der Fachkräftemangel in Deutschland bedeutet für manche Branchen eine große Herausforderung.
Das ausbildende Unternehmen ist aus Sicht des Azubis eine wichtiger Meilenstein in seinem Leben: Vertragspartner, Grundstein für den angestrebten Beruf und damit ein Schritt in eine neue Identität, denn der Beruf prägt uns wie nur wenige Dinge im Leben. Hieraus erwächst für den Ausbildungsbetrieb eine hohe Verantwortung für den neuen Mitarbeiter und eine Fürsorgepflicht.
Aus dieser Pflicht heraus sollte jeder Arbeitgeber auch die Rechte der Auszubildenden kennen und sie auf mögliche geförderte Vorsorgeformen aufmerksam machen, die durch das Arbeitsverhältnis entstehen. „Vermögenswirksame Leistungen“ und die „Riester-Rente mit dem Berufsstarterbonus“ sind gute Beispiele. Er sollte seine Auszubildende/seinen Auszubildenden aber auch auf mögliche Risiken aufmerksam machen, an die vielfach nicht gedacht wird: die mangelnde Absicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung.
Warum ist gerade für Auszubildende die Absicherung der Arbeitskraft existenziell?
In den ersten 5 Jahren der Berufstätigkeit besteht in der Regel kein Leistungsanspruch bei Erwerbsminderung. Azubis stehen also ohne Absicherung da, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Ausbildungsplatz aufgeben müssen.
Sehr häufig wird die notwendige Absicherung nicht vorgenommen, weil vermutet wird, dass das Risiko, berufsunfähig zu werden, erst mit zunehmendem Alter zumProblem wird. Das ist nur bedingt richtig. Gerade Berufsstarter haben ein sehr hohes Risiko.
Warum ist das so?
Der Schüler hat seine bisherige Tätigkeit ohne nennenswerte körperliche Beanspruchung erlebt. Im neuen Beruf treten möglicherweise Belastungen auf, die bisherige Erkrankungen zum Beispiel des Bewegungsapparates erst zum Vorschein kommen lassen. Berufe, in denen lange gestanden werden muss oder Lasten gehoben werden müssen, sind hier typisch. Aber auch Allergien, die vorher nicht bekannt waren, können durch den Kontakt mit “neuen“ Stoffen zum Ausbruch kommen. Der Bäckerei-Azubi und die Mehlstaub-Allergie sind ein gutes Beispiel, ebenso das Frisörhandwerk.
Ganz unabhängig von dieser „Berufsstarter-Problematik“ bleibt festzuhalten: Eine Berufsunfähigkeit kann jeden treffen, jung oder älter, Angestellte wie Arbeiter. Jeder 4. wird im Laufe seines Berufslebens berufsunfähig!
Was tun?
Jeder Unternehmer sollte seine zukünftigen Azubis auf Fördermöglichkeiten und auf das wichtige Thema „Berufsunfähigkeit“ aufmerksam machen und ihnen raten, sich mit einem Berater ihres Vertrauens zusammenzusetzen. Die Arbeitskraft ist für das zukünftige Leben einfach zu wertvoll, um sie nicht abzusichern. Überschlagen Sie einfach selbst. Zum Beispiel: 2.000 Euro monatlich x 12 x 45 Jahre bis zur Rente = 1.080.000 Euro!
Niemand sollte einen so hohen Wert unversichert aufs Spiel setzen: Aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten zu können ist eine finanzielle Katastrophe, wenn keine anderen Einkommensquellen zur Verfügung stehen. Und nicht immer können sich junge Menschen nach dem Auftreten einer Berufsunfähigkeit in einen anderen Beruf umorientieren. Oft sind die gesundheitlichen Einschränkungen so hoch, dass eine dauernde vollständige Einschränkung der Arbeitskraft vorliegt. Ausbildungsbetriebe, die handwerkliche oder andere Berufe mit höherem Risiko ausbilden, sollten ihre zukünftigen Azubis rechtzeitig vor Antritt der Ausbildung auf dieses Risiko und das Sparpotenzial ansprechen. Aber auch in kaufmännischen Berufen ist die Absicherung der Arbeitskraft unverzichtbar.
■ Hans-Peter Süßmuth