Der Markt für Lebensversicherungen ist in Bewegung gekommen. Bereits in der Ausgabe 04/2012* hatten wir unter der Überschrift „Sicherer Hafen in stürmischen Zeiten“ über das aktuelle Zinsumfeld und die sich hieraus ergebenden Anforderungen an das Produkt „Lebens- und Lentenversicherung“ berichtet.
Die weiter anhaltende Niedrigzinsphase ist der Grund, warum vermutlich die meisten Lebensversicherer die früher wie selbstverständlich ausgesprochene garantierte Mindestverzinsung über die gesamte Dauer des Vertrages überdenken. Und in der Tat: Bei einer Rentenversicherung wird dem Kunden ein Zins nicht nur bis zur Rente garantiert, sondern für den Fall, dass er sich für die Verrentung und nicht für die Kapitalabfindung entscheidet, sogar ein Leben lang. Das sind Zinsversprechen über nur sehr schwer zu kalkulierende, sehr lange Zeiträume von oft 70 oder mehr Jahren.
Doch genau dies war in der Vergangenheit auch einer der Gründe, weshalb die Lebensversicherung zu dem beliebtesten Vorsorgeinstrument überhaupt geworden ist: Die langfristig planbare Sicherheit. 90 Millionen Verträge – mehr als Einwohner – sprechen für sich. Die Kapital bildende Lebens- oder Rentenversicherung ist einer der Eckpfeiler der privaten Vorsorge. Und auch wenn die Niedrigzinsphase nicht an den Lebensversicherungen vorbeigegangen ist: Gemessen am derzeitigen Kapitalanlageumfeld schlagen sich Lebens- und Rentenversicherungen gut. Aktuell ist der Ertrag für Kunden einer Lebens- oder Rentenversicherung wesentlich höher als die Rendite von Bundesanleihen. Und er liegt seit Jahren deutlich über der Inflation.
Angesichts der Niedrigzins-Problematik haben jetzt erste Gesellschaften ihre Produkte umgestellt und bieten nun Rentenversicherungen ohne eine Garantieverzinsung an. Denn: Die Niedrigzinsphase stellt für Lebensversicherungsunternehmen eine Belastung dar, die Branche muss nur Absicherung ihrer Zinsversprechen jedes Jahr hohe Beträge reservieren.
Zu diesem Thema schreibt das manager magazin online treffend:
„So wundert es nicht, dass gerade weniger finanzkräftige Anbieter und die Töchter großer Aktiengesellschaften mit neuen Produkten an der lebenslangen Garantie rütteln – und damit am Alleinstellungsmerkmal der deutschen Lebensversicherung. Genossenschaftlich organisierte Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit halten sich dagegen zurück.“
Auch die LVM-Lebensversicherung bietet aktuell noch die klassische Lebensversicherung mit einer garantierten Mindestverzinsung an.
Dabei ist eine Produktvariante ohne garantierte Verzinsung gar nicht neu. Beinahe alle Lebensversicherer bieten seit vielen Jahren sogenannte „fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen“ an, die genau so funktionieren: Es gibt keine Garantieverzinsung und das Kapitalanlagerisiko liegt – bei höheren Renditechancen – in voller Höhe beim Kunden. Diese Form der Lebensversicherung hat für chancenorientierte Kunden eindeutig ihre Berechtigung, in der Praxis spielte sie in der Vergangenheit aber eher eine geringere Rolle.
Auch die neuen Produkte stoßen aktuell bei Kunden noch nicht auf eine sehr große Nachfrage. Es bleibt also spannend im Vorsorgemarkt. Vermutlich ist es nach wie vor so, dass der Durchschnittskunde bei seiner Altersvorsorge auf „Nummer sicher“ gehen möchte und Garantien zu schätzen weiß. Der alte Spruch: „Mit der Altersversorgung spekuliert man nicht“ scheint zeitlos zu sein.
Neue Produkte müssen diesem Sicherheitsstreben der Kunden bei der Altersvorsorge Rechnung tragen, die Sicherheit des Produktes transparent machen und trotzdem vernünftige Renditeerwartungen zulassen.
■ Hans-Peter Süßmuth