4/2012 Empfehlungsmarketing – Wenn Kunden zu Partnern werden

Käufermarkt, Verdrängungswettbewerb und demografischer Wandel – diese Begriffe werden gerne bemüht, wenn es darum geht die gegenwärtige Marktsituation in vielen Branchen zu beschreiben. Noch drastischer sind die Formulierungen, wenn es um die Neukundengewinnung geht. Dabei ist gerade sie oft zwangsläufig eine der wesentlichen Triebfedern nachhaltigen Wachstums. Tatsächlich macht es das Marktumfeld den Unternehmen heutzutage nicht leicht neue Kundengruppen zu erschließen. Hinzu kommen vielfach regulatorische Hürden wie Werbeverbote und Dokumentationspflichten, die ihrerseits zur Verkomplizierung der Lage beitragen.

Die gute Nachricht: Nicht nur die Schwierigkeiten bei der Neukundengewinnung nehmen zu, sondern auch die Möglichkeiten, die Probleme mit relativ einfachen Mitteln zu umschiffen und letztendlich zum eigenen Vorteil zu nutzen. Das Empfehlungsmarketing gehört seit jeher zum kleinen Einmaleins der Kaufleute und Dienstleister. Allerdings wurde das wahre Potenzial dieser Art der Kundengewinnung erst in den letzten Jahren wissenschaftlich umfassend untersucht, und moderne Kommunikationswege haben neue Möglichkeiten geschaffen, um es in vielen Bereichen effektiv zu nutzen.

Eine vergleichende Studie, welche die Werthaltigkeit von Neukunden einer Bank zum Gegenstand hatte, konnte belegen, dass ein durch Empfehlung geworbener Neukunde in den ersten sechs Jahren der Kundenbeziehung für das Unternehmen durchschnittlich 25 Prozent wertvoller ist als ein „herkömmlicher“ Neukunde. Der Grund dafür liegt neben höheren Gewinnen und geringeren Akquisekosten vor allem in einer höheren Loyalität zum Unternehmen. Es wurde ermittelt, dass die Abwanderungswahrscheinlichkeit bei durch Empfehlung akquirierten Neukunden um 13 Prozent niedriger lag als bei anderen Kunden. Dieses Phänomen führen die Studienautoren auf ein größeres Vertrauen in das Unternehmen und eine stärkere emotionale Bindung zurück, die sich durch eine Empfehlung einer persönlich bekannten Person ergibt.

Gute Vorzeichen also – aber wie bringt man Kunden dazu, dass sie das eigene Unternehmen weiterempfehlen? Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten. Denn wie in vielen Bereichen sind die Kunden auch hier sehr unterschiedlich. Generell ist aber festzuhalten, dass die Weiterempfehlungsbereitschaft in der Regel dann am höchsten ist, wenn der Kunde zufrieden oder sogar so begeistert ist, dass er seine Erwartungen nicht nur als erfüllt, sondern sogar als übertroffen wahrnimmt. Dieser Effekt lässt sich aber nicht etwa nur auf Kosten hoher Preisnachlässe erzielen, sondern kann schon durch kleine einfache, aber unerwartete Gesten erreicht werden.
Beispielsweise ein Dankeschön in Form einer Kleinigkeit zum Naschen auf dem Beifahrersitz nach der durchgeführten Autoinspektion.

Zufriedene oder gar begeisterte Kunden sind oft gerne bereit, ein Produkt, einen Service oder ein Unternehmen weiterzuempfehlen. Schließlich können sie so ihren Freunden und Bekannten etwas Gutes tun, und über positive Erfahrungen berichtet man naturgemäß einfach gerne. Die Weiterempfehlungsbereitschaft ist bei den Kunden allerdings noch größer, wenn sie etwas dafür erhalten.

Der Klassiker ist hierbei sicherlich das Empfehlungsprogramm von Verlagen. Für die Empfehlung einer Zeitung oder einer Zeitschrift bzw. dem damit zusammenhängenden, möglichen Gewinn eines neuen Abonnenten wird man mit einer ausgelobten Prämie belohnt. Aber auch im heiß umkämpften Autoversicherungsmarkt hat sich das Kunden-werben-Kunden-Programm als  Kommunikationsinstrument etabliert. Die LVM Versicherung setzt zum Beispiel seit mehreren Jahren einen Tankgutschein als Prämie für die erfolgreiche Empfehlung eines Neukunden ein. Neben der Aktivierung des Bestandskunden zur Weiterempfehlung führt dies auch zu einer nachhaltigen Bindung des Kunden an das Unternehmen.

Eines weiteres Betätigungsfeld des Empfehlungsmarketing ist das Internet, insbesondere die  Entwicklung zum Web 2.0. Die unglaubliche Kraft, die in Social Media steckt, liegt in der Vernetzung von Menschen, die sich untereinander mehr vertrauen als Unternehmen. Auch hier zeichnet sich der Trend ab, dass vor allem durch die subjektiven Erfahrungsberichte anderer Kunden Vertrauen in ein Produkt in besonderem Maße auf- oder eben auch abgebaut werden kann. Von  Hotelbewertungsportalen über Vergleichsportale für Strom und Gas bis hin zu Produkt- und Transaktionsbewertungen gibt es immer mehr Beispiele, die sich diesen Trend zunutze machen.
Die Formel ist hier ganz einfach: Nichts ist authentischer
als eine gute Kundenmeinung.

Der einfachste und mittlerweile bekannteste Ausdruck einer Meinung im Internet ist der „Gefällt-mir“-Button auf Facebook. Hier wird die positive Meinung eines Users zu einem Foto, einer Meinung, einer Person, aber auch zu Unternehmen und Marken gleich für seinen gesamten Freundes- und Bekanntenkreis ersichtlich. Die Problematik ist allerdings, dass diese sogenannten „Posts“ relativ schnell untergehen, wenn neue nachrücken. Daher hat Facebook speziell für Unternehmen eine Funktion eingeführt, die sog. „Sponsored Stories“. Fans einer Unternehmensseite können so zu Werbeträgern werden. Wer auf den „Gefällt mir“-Button klickt, kann mit seinem Foto in Verbindung mit dem Firmenlogo und auf der rechten Profilspalte von den eigenen Fans eingeblendet werden.

Eine interessante Funktion für Unternehmen, da diese Information nun dauerhaft im Profil der Fans zu sehen ist. Somit stellt die eigene Profilseite eine Werbeplattform dar, wodurch eine indirekte Weiterempfehlung generiert wird.
Wie einer Studie der Nielsen-Unternehmensberatung zu entnehmen ist, sind Empfehlungen von Freunden und Bekannten der erste Indikator für eine gute Leistung bzw. ein gutes Produkt. 89 Prozent der Befragten haben dies bejaht. Auf Online-Empfehlungen zum Beispiel in Bewertungsportalen vertrauen daneben 70 Prozent der Befragten in mehr als 50 Ländern weltweit.

Fazit: Erfolgreiches Empfehlungsmarketing entsteht durch loyale und begeisterte Kunden, die sich für eine positive Darstellung von Produkten, Unternehmen und Services engagieren.

Dabei wird gezielt die Aufmerksamkeit der Zielgruppe erregt, die Empfehlungen von erfahrenen Experten als authentisch und vertrauenswürdig begreift und Empfehlungen zunehmend folgt. Unternehmen gewinnen daraus nicht nur Neukunden, die wiederum weitere Neugeschäfte in Gang setzen, sondern auch zeitnahes und wertvolles Feedback durch die Interaktion ihrer Kunden.

■ Dennis Cosfeld, Sebastian Wulff

IGU e. V.