3/2012 Soziale Netzwerke – von der steinigen Suche nach dem Königsweg

Soziale Netzwerke sind in aller Munde – und das nicht erst seit gestern. Bereits über Jahre diskutieren Experten Auswirkungen, Verhaltensweisen, Trends und Chancen, aber auch Risiken in Zusammenhang mit Facebook, Google+, Twitter, XING und Co. Das Thema hat sich gewissermaßen vom Leuchtfeuer zum Dauerbrenner entwickelt – und der Brennstoffvorrat ist noch lange nicht am Ende.

Die Relevanz von sozialen Netzwerken lässt sich schon allein aufgrund der Nutzerzahlen nicht mehr leugnen. Der Marktprimus Facebook kann über 900 Millionen Nutzer weltweit aufweisen, davon knapp 25 Millionen allein in Deutschland. Das bedeutet, dass mittlerweile fast jeder dritte Bundesbürger eine Online-Präsenz bei Facebook besitzt. Gezählt werden hierbei wohlgemerkt nur Nutzer, die sich mindestens einmal monatlich einloggen, „Karteileichen“ bleiben außen vor. Auch das beliebte Argument, dass nur junge Leute soziale Netzwerke nutzen, kann heute nicht mehr gelten: Immerhin gute 30 Prozent der Facebook-Nutzer sind 35 Jahre oder älter.

Sollten Unternehmen den Weg in soziale Netzwerke gehen?

Es stellt sich die Frage, ob es auch für Unternehmen lohnenswert ist, in sozialen Netzwerken im Internet aktiv zu werden. Und wenn ja, was ist der Gewinn, den man dadurch erzielen kann? Es gilt, sorgfältig Chancen und Risiken, aber auch zu erwartenden Aufwand gegenüber möglichem Ertrag abzuwägen.

Die meisten sozialen Netzwerke sind vornehmlich auf Privatpersonen ausgerichtet. Das bedeutet, für den Großteil der Nutzer sind die Plattformen Freizeitvergnügen, und sie lassen sich dies durch allzu penetrante Werbung von Unternehmen nur ungern beeinträchtigen. Studienergebnisse belegen allerdings auch, dass vor allem jüngere Leute bei Facebook nicht selten deswegen ihre Sympathie für bestimmte Marken bekunden, weil sie damit ein Stück ihrer Persönlichkeit ausdrücken möchten. Dieses Phänomen beschert Lifestyle-Marken, wie Porsche, McDonald’s oder Starbuck’s, kaum enden wollenden Zulauf. Hiervon kann natürlich nicht jedes Unternehmen profitieren.

Ein anderer erfolgreicher Weg kann darin bestehen, den Nutzern interessante Inhalte und Beiträge sowie eine persönliche und lebhafte Kommunikation zu bieten. Auf welchem Weg auch immer: Für den Nutzer muss durch die Online-Verbindung mit dem Unternehmen ein spürbarer Mehrwert entstehen. Dies ist absolut essenziell, um akzeptiert – ja überhaupt beachtet – zu werden. Wenn beispielsweise auf den Post (Einstellen einer öffentlichen Nachricht) eines Nutzers auf der Unternehmensseite tagelang keine Reaktion erfolgt, ist mit Distanz oder Ablehnung zu rechnen. Es erfordert also einen  gewissen Aufwand, Inhalte zu generieren und aktiv Dialoge zu führen. Ein Auftritt in einem sozialen Netzwerk lässt sich in den seltensten Fällen „nebenbei“ pflegen, sondern kann je nach  Unternehmens- und Nutzerbasisgröße durchaus einige Stunden pro Tag in Anspruch nehmen.

Viele Unternehmen sind längst in sozialen Netzwerken aktiv, ohne es zu wissen: Geben mehrere Personen in ihren Profilen den gleichen Arbeitgeber an, erstellt beispielsweise XING automatisch ein Basis-Profil des jeweiligen Unternehmens. Auch auf Facebook oder Google+ geben viele Menschen an, wo sie arbeiten. Das Verhalten eines Einzelnen oder kleinerer Gruppen kann also auf das  Unternehmen zurückfallen.

Nichtsdestotrotz eröffnen soziale Netzwerke auch Unternehmen völlig neue Kommunikationswege und gezielte Ansprachemöglichkeiten in bisher kaum vorstellbaren Dimensionen. Vor allem unter der jüngeren Bevölkerung haben Facebook & Co die Kommunikationsmittel des „klassischen“ Web 1.0, wie E-Mail oder SMS, bereits in den Hintergrund gedrängt. Man begegnet ihnen hier also „auf Augenhöhe“, was den Zugang spürbar erleichtern kann. Zudem gilt für nahezu alle Altersgruppen, dass die generelle Hemmschwelle, mit unbekannten Personen und auch Unternehmen in Verbindung zu treten, in sozialen Netzwerken deutlich geringer ist als in der „Offline-Welt“. Durch die gegenseitige Preisgabe von persönlichen Informationen entsteht Vertrauen. Vervielfacht wird dieser Effekt noch durch die soziale Vernetzung, wenn beispielsweise eigene Freunde bereits mit der anderen Person oder dem Unternehmen in Verbindung stehen.

Wann ist ein Unternehmen in sozialen Netzwerken erfolgreich?

Man sollte nicht den Fehler begehen und soziale Netzwerke in erster Linie als Vertriebskanal betrachten. Das vorrangige Ziel dieser Plattformen ist die Kommunikation und der Informationsaustausch, größtenteils auf persönlicher und privater Basis. Aggressive Verkaufsstrategien werden von den Nutzern nicht toleriert und führen eher zu einem Imageschaden als zum gewünschten Erfolg.

Dementsprechend sollte das Ziel für Aktivitäten in sozialen Netzwerken vornehmlich in der Imageförderung und dem aktiven Dialog mit (potenziellen) Kunden und Geschäftspartnern liegen, der sonst so nicht möglich wäre. Indirekt können sich darüber natürlich vertriebliche Erfolge erzielen lassen. Der Effekt von sozialen Netzwerken in diesem Prozess ist aber äußerst schwer zu messen. Schließlich sagen Anhaltspunkte wie „Gefällt mir“-Klicks oder Kommentare nichts darüber aus, ob Nutzer das Produkt hinterher tatsächlich erwerben oder den Vertrag abschließen. Darüber hinaus sind weitere Anwendungsformen denkbar: Für bestimmte Unternehmen kann es sinnvoll sein, einen  Teil ihres Kundenservices über soziale Netzwerke abzubilden. Andere nutzen bereits heute das „Wissen des Schwarms“, um über Merkmale von künftigen Produktinnovationen abstimmen zu lassen.

Worauf ist zu achten?

Unternehmen, die in sozialen Netzwerken aktiv sind, brauchen zunächst eine einheitliche Basis und einen Rahmen, damit ihre Mitarbeiter das Unternehmen in angemessener Weise und als eine Einheit repräsentieren können. Hier hat sich die Definition von sogenannten „Social Media Guidelines“ bewährt. Diese oft sehr kurz und bewusst offen gestalteten Empfehlungen sollen die Mitarbeiter im beiderseitigen Interesse für ihre Verantwortung sensibilisieren, wenn sie für das Unternehmen und auch privat als Mitarbeiter über soziale Netzwerke kommunizieren. Beispielsweise werden Punkte  wie der respektvolle Umgang mit anderen angesprochen oder der Umstand, dass einmal im Internet veröffentlichte Daten oft trotz Löschung auch nach Jahren noch zu finden sind.

Viele Unternehmen veröffentlichen ihre „Social Media Guidelines“. Eine Übersicht bietet zum Beispiel folgende Internetseite: http://buggisch.wordpress.com/2011/10/12/deutsche-social-media-guidelines/

Im zweiten Schritt sollte ein Unternehmen Ziele für das Engagement in sozialen Netzwerken festlegen. Die Definition der Zielgruppe ist dabei eng mit der Auswahl der geeigneten Plattform verknüpft. Auch geplante Inhalte und die generelle Botschaft des Auftritts sollten im Vorfeld gründlich überlegt werden. Hier muss insbesondere der Kundenmehrwert im Fokus stehen. Weiterhin ist eine Festlegung der Verantwortlichkeiten sowie eine Rollenverteilung erforderlich.

Bei allen Planungen und Aktivitäten ist zu beachten, dass die Kommunikation nicht als anonymes Unternehmen, sondern möglichst persönlich erfolgen sollte. Die Förderung des Dialogs steht in sozialen Netzwerken im Vordergrund, nicht die einseitige Verbreitung von (Werbe-)Botschaften.

Fazit

Soziale Netzwerke haben zweifelsohne die Kommunikationslandschaft verändert. Auch für Unternehmen bieten sie neue, weit reichende Möglichkeiten. Allerdings sollte jedes Unternehmen hinterfragen, welche Ziele es mit einem Auftritt in sozialen Netzwerken verfolgt. Denn der Aufwand für das Betreiben einer solchen Präsenz ist nicht unerheblich und der Nutzen schwer quantifizierbar. Ist man jedoch bereit, die erforderlichen Ressourcen einzusetzen und das Prinzip der Vernetzung zu leben, so eröffnet man sich die Chance, ein aktiver Teil in der Entwicklung dieser zukunftsträchtigen Form der Kommunikation zu sein.
■ Dennis Cosfeld

IGU e. V.