1/2011 Produkthaftung: Versicherungsschutz für Gewerbebetriebe

Die Haftung eines Herstellers oder Händlers für Schäden durch fehlerhafte Produkte ist in den vergangenen Jahren immer schärfer geworden.

Die Rechtsprechung lässt insbesondere den herstellenden Betrieben immer weniger Spielraum, sich zu entlasten, wenn es durch ein fehlerhaftes Produkt zu einem Schaden gekommen ist. Umso wichtiger ist es, auf den passenden Versicherungsschutz zu achten. Benötigt wird eine Betriebshaftpflichtversicherung mit ausreichend hohen Versicherungssummen und eventuell eine spezielle Produkt-Haftpflichtversicherung, die unter anderem auch gegen Vermögensschäden absichert.

Konventionelle Produkt-Haftpflichtversicherung

Kommt es durch ein fehlerhaftes (Teil-)Produkt zu einem Personen- oder Sachschaden, so können Hersteller oder Händler für diesen Schaden ersatzpflichtig gemacht werden. Diese Personen- und Sachschäden sowie sich daraus ergebende Vermögensschäden (zum Beispiel Verdienstausfall, Nutzungsausfall) fallen unter die konventionelle Produkt-Haftpflichtversicherung. Hierfür besteht Schutz über die Grunddeckung der Betriebshaftpflichtversicherung bis zur Höhe der Grunddeckungssumme.

Hier einige Beispiele:

◗ Bei einem fehlerhaft produzierten Haartrockner treten Funken aus und eine Person erleidet dadurch beim Haaretrocknen Verbrennungen.
◗ Ein Elektroinstallateur verlegt ein Kabel zu der Produktionsmaschine eines Kunden. Nach vier  Wochen gerät das Kabel in Brand, weil es fehlerhaft berechnet und verlegt worden war. Maschinen und Einrichtungen des Kunden werden Opfer der Flammen.
◗ In einem Bistro werden Brötchen mit Mett verkauft, das nicht mehr frisch war. Einige Kunden erkranken daraufhin an einer Salmonelleninfektion.

Erweiterte Produkt-Haftpflichtversicherung

Möglicherweise kommt es durch ein fehlerhaftes Produkt zu einem so genannten „reinen“  Vermögensschaden, der eben nicht Folge eines Sach- oder Personenschadens ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Produkte mit Produkten der Abnehmer oder Dritter vermischt oder  verarbeitet werden und aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr getrennt werden können. Vorstellbar ist hier zum Beispiel, dass eine hergestellte Sache nach der Weiterverarbeitung mit einem schadhaften Produkt nur noch mit einem Preisnachlass veräußert werden kann. In diesem Fall wird der Hersteller oder Lieferant für den Verlust haftbar gemacht, den der Abnehmer erlitten hat.
Diese und weitere Schäden können über eine so genannte Erweiterte Produkt-Haftpflichtversicherung versichert werden.
Die LVM Versicherung bietet einen Basis-Schutz der Erweiterten Produkt-Haftpflichtversicherung über den Zusatzbaustein GewerbePlus an. Dieser Basisschutz reicht aber unter Umständen nicht aus.

Einen besonderen Bedarf an Versicherungsschutz im Rahmen der Erweiterten Produkt-Haftpflichtversicherung haben insbesondere Betriebe, die
◗ ihre Produkte zur Weiterverarbeitung an andere Unternehmen liefern Beispiel: Eine Firma liefert Synthetikmaterial an eine andere Firma, die dies mit anderen Teilen zu Stiefeln verarbeitet. Weil das Synthetikmaterial fehlerhaft ist, verfärbt sich die Oberfläche der Stiefel und sie werden unverkäuflich.
◗ Maschinen liefern, montieren oder warten Beispiel: Firma A hat bei Firma B regelmäßig eine  Maschine zu warten. Durch einen Fehler des Mitarbeiters von A weisen die nach einer  Routinewartung produzierten Joghurtbecher Fehler auf. Sie müssen entsorgt werden.

Die Erweiterte Produkt-Haftpflichtversicherung ist ein sehr komplexes Produkt. Man kann den Versicherungsschutz durch bestimmte Bausteine ergänzen, für die eine besondere Beratung vor Ort erforderlich ist.

Import/Export

Nicht nur der Import von Ware aus Nicht-EU-Staaten bedarf eines speziellen Versicherungsschutzes. Auch bei dem Export gibt es hinsichtlich der Auslandsdeckung Besonderheiten: Mitversichert sind zum Beispiel bei der LVM Versicherung Montage im / Export in das europäische Ausland. Erstreckt sich der Tätigkeitsbereich eines Betriebes auch auf Länder außerhalb Europas oder wird dorthin exportiert, so besteht zunächst kein Versicherungsschutz. Hier kann unter Umständen spezieller Versicherungsschutz vereinbart werden.

Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz

Seit einigen Jahren besteht neben anderen Anspruchsgrundlagen die Möglichkeit, Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geltend zu machen: Der Hersteller haftet für einen Mangelfolgeschaden nach dem Produkthaftungsgesetz verschuldensunabhängig. Es reicht aus, dass ein in Verkehr gebrachtes Produkt fehlerhaft ist. Geschützt sind bei Sachschäden private Verbraucher. Wie der Hersteller selbst haftet auch der Händler, der sich – zum Beispiel durch Anbringen des eigenen Namens am Produkt – als Hersteller ausgibt. Der strengen Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz unterliegt ebenfalls ein Händler, der Ware verkauft, die er aus dem außereuropäischen Ausland importiert hat oder von der er den Hersteller nicht benennen kann.

■ Andrea Haeusler

Produktbeobachtungspflicht

Die Pflicht des Herstellers zur Verkehrssicherung endet nicht mit dem Inverkehrbringen eines Produktes. Der Hersteller muss die Sicherheit des Produktes in der Praxis überprüfen und eventuell erforderliche Konsequenzen ergreifen (Warnung, Rückruf). Darüber hinaus muss der Hersteller auch  stets über den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik auf dem Laufenden sein. Diese Sorgfalts- und Sicherungspflicht des Herstellers erstreckt sich über den gesamten  Produktlebenszyklus hinweg.

IGU e. V.