3/2024 Wer keine Fehler macht, macht auch sonst nicht viel

Text: Gesine Schultz

Wenn Sie an Ihren letzten Fehler im Arbeitskontext denken, was kommt Ihnen in den Sinn? Der letzte „große Bock, den Sie geschossen haben“? Ein verpatztes Kundengespräch? Ein Missverständnis mit Kolleg:innen heute Morgen? Woran auch immer Sie zuerst denken, Fehler machen wir alle. Warum fällt es uns dennoch so schwer uns diese einzugestehen, geschweige denn freiwillig mit unseren Kolleg:innen darüber in den Austausch zu gehen?

Häufig werden Fehler als etwas Negatives angesehen: Man hat etwas falsch gemacht, in dem Moment „versagt“. Vielleicht hat man Angst, dafür verurteilt oder womöglich als inkompetent wahrgenommen zu werden. Doch Fehler müssen keineswegs etwas Schlechtes sein, sie können sich durchaus als positiv erweisen.

Warum sollten wir Fehler begrüßen?
Vielleicht haben Sie schon einmal von positiver Fehlerkultur gehört. Was genau bedeutet das eigentlich? Zentral dabei ist, Fehler als Lern- und Wachstumschance wahrzunehmen. Es geht nicht darum, einen Sündenbock zu finden, sondern sich Fragen zu stellen wie: „Was können wir daraus lernen?“ oder „Wie kann es beim nächsten Mal besser gemacht werden?“. Fehler sind ein Treiber für Fortschritt und Innovation: Nur mit Mut zu Fehlern sind wir bereit, Risiken einzugehen und neue Wege auszuprobieren. Doch weshalb ist gerade diese Haltung und eine positive Fehlerkultur so erstrebenswert? Einerseits fördert sie tieferes Vertrauen, eine offene Kommunikation und Zufriedenheit innerhalb eines Teams. Andererseits kann dies enorme Auswirkungen auf den Erfolg eines Unternehmens haben. Durch einen offenen Umgang mit Fehlern können sich kreative Problemlösungen ergeben und eine Offenheit für neue Wege kultivieren. Das kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Wie können wir den Austausch über Fehler fördern?
Die Vorteile einer positiven Fehlerkultur sind eindeutig nachweisbar. Wie können wir den Austausch über Fehler im Team aktiv fördern? Voraussetzung dafür ist ein offener und ehrlicher Austausch im Team über etwaige Fehler. Dafür braucht es vor allem gegenseitiges Vertrauen. Schuldzuweisungen, Fingerzeigen oder das „unter-den- Teppich-Kehren“ von Fehlern können so verwandelt werden in konstruktives Feedback, gegenseitige Unterstützung und Verantwortungsübernahme.

Insbesondere die Führungskraft sollte eine positivere, produktivere und lösungsorientierte Haltung gegenüber Fehlern vorleben. Starten Sie im Kleinen. Sie könnten beispielsweise Ihr nächstes Team-Meeting damit beginnen, von einem aktuellen Fehler aus Ihrem Arbeitskontext zu berichten. Reflektieren Sie im Team, was Sie gemeinsam daraus lernen können. Dies kann in einer lockeren Atmosphäre ein erster Schritt sein, um Hemmungen, über Fehler zu sprechen, abzubauen.

Und bevor Sie jetzt denken „Heißt das, ich kann jetzt einfach jeden Fehler machen und dafür keinen Ärger bekommen?“ sollten Sie sich vorher überlegen, welche Arten von Fehlern es gibt und mit welchen Konsequenzen diese einhergehen. Schwerwiegende und wiederholte Fehler sind auch im Sinne einer positiven Fehlerkultur nicht „total okay“. Sie bedürfen der Verantwortungsübernahme mit entsprechenden Konsequenzen.

Entscheidend ist dabei die Haltung, mit der auf Fehler reagiert wird: Versuchen Sie, die Personen dazu zu ermutigen, dies als Chance zu sehen, es beim nächsten Mal anders zu machen. Oder bieten Sie Ihre Unterstützung an. Bleiben Sie sachlich, offen und stellen das „Warum“ in den Fokus – nicht das „Wer“. Und auch dabei gilt: Nur Mut, zu Beginn Fehler zu machen. Ganz nach dem Motto: „Wer keine Fehler macht, macht auch sonst nicht viel.“


Zur Autorin:

Gesine Schultz studiert Psychologie im Master und ist aktuell Praktikantin in der Unternehmens- und Personalentwicklung. Das menschliche Miteinander ist dabei für sie von besonderem Interesse.

IGU e. V.