Es ist ja nicht so, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ in irgendeiner Form geschützt wäre.
Vielmehr kann und wird er für alles Mögliche verwendet.
Im derzeitigen Sprachgebrauch wird immerhin deutlich, dass es letztlich um Verantwortung geht: So taucht ab 2009 als Synonym zur „Nachhaltigkeit“ der Begriff „enkelgerecht“ auf. Das Synonym dient als Sinnbild für eine ausgeprägt nachhaltige Welt, in der unser Wirtschaften die Chancen der nachfolgenden Generationen nicht mindert. So weit, so gut. Aber bitte wie geht Nachhaltigkeit denn dann konkret im Alltag? Zum aktuellen Stand der Dinge konnte man sich kürzlich bei einem Besuch der „Green World Tour 2021“ in Münster informieren.
Veranstalter der „Green World Tour“-Messereihe ist Die Autarkia GmbH. Das Unternehmen aus dem Münsterland hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu beschleunigen. Dazu organisiert Autarkia AnwenderInnen- und KonsumentInnen-Events, die es Unternehmen, Organisationen und WissenschaftlerInnen ermöglichen, ihre nachhaltigen Angebote zu vermarkten beziehungsweise zu verbreiten. Auf den „Green World Tour“- Messen bringt Autarkia AnbieterInnen und KonsumentInnen zielsicher zusammen. „Green World Tour“-Messen gibt es in den Städten Stuttgart, Dortmund, Wien, München, Hamburg, Berlin, Münster, Frankfurt und Düsseldorf.
Über seine Vision sagt der Veranstalter: „Wir wollen erreichen, dass alle Menschen und Organisationen in unserer Gesellschaft Zugang zu nachhaltigen Produkten, Dienstleistungen, Technologien und Konzepten erhalten und diese auch nutzen. Es geht uns darum, dass eine auf nachhaltigen Konsum ausgerichtete Lebensweise sowie ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes unternehmerisches Handeln die Mitte unserer Gesellschaft erreicht und zum Standard wird.“
So habe ich dann bei bestem Radfahrerwetter kurz und nachhaltig in die Pedale getreten und die Messe besucht.
Also dann los – direkt in das erste Haus am Platz. Dabei handelte es sich um „Ferdinand“, ein Event Tiny-House, das von einem LKW an fast jeden Ort befördert werden kann und zwei besondere Eigenschaften in sich vereint: Es ist einerseits eine autarke Ökostromquelle und gleichzeitig ein Muster Tiny-House für einen reduzierten nachhaltigen Lifestyle. Wobei ganz schnell klar wird, dass unser üblicher Hausrat einfach etwas zu reichlich ausfällt – für einen reduzierten nachhaltigen Lifestyle wären da doch etliche grundsätzliche Anpassungen erforderlich. Dennoch: Wirklich ein sehr spannendes Projekt!
Ein nächster Stopp auf der Messe war die Präsentation der EinDollarBrille.
Die Idee ist hier folgende:
Mehr als 950 Millionen Menschen bräuchten eine Brille, können sich aber keine leisten (Quelle: WHO). Der dadurch bedingte Einkommensverlust dieser Menschen liegt bei über 269 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Das Ziel: augenoptische Grundversorgung für alle.
Also wurde der Verein EinDollarBrille e.V. gegründet. Heute arbeiten über 300 Menschen ehrenamtlich in Deutschland, der Schweiz und den USA für die EinDollarBrille. In den derzeit zehn Projektländern konnten schon mehr als 200 Arbeitsplätze geschaffen werden. Der EinDollarBrille e.V. Deutschland finanziert Trainingskosten, Biegemaschinen und den Projektaufbau aus Spendengeldern. Ein Teil der Kosten trägt sich bereits aus dem Verkauf der Brillen.
Zusammen mit der Mutterorganisation EinDollarBrille Deutschland arbeiten die einzelnen Landesorganisationen unter dem gemeinsamen Dach „GoodVision“. Ihr Ziel ist der Aufbau einer augenoptischen Grundversorgung für Menschen weltweit.
Das Beeindruckende: Die EinDollarBrille besteht aus flexiblem Federstahldraht. Dieser ist sehr leicht und gleichzeitig extrem robust – also optimal geeignet für die oft rauen Umweltbedingungen in Entwicklungsländern. Die Materialkosten der kompletten Brille liegen bei rund einem US-Dollar. Sie wird auf einer einfachen Biegemaschine von den Menschen vor Ort hergestellt und die Gläser werden mit einem Handgriff eingesetzt. Elektrischer Strom ist dafür nicht notwendig.
Vor Ort konnten wir uns ein Bild von der Herstellung machen. Einfach genial!
Als Nächstes folgte ein Besuch bei Frank Matthiesen, dem Gründer von „KRAFTVOLL“. Frank Matthiesen sagt: „Wozu Superfoods aus aller Welt importieren? Wenn wir das Schöne doch direkt vor der Haustür haben! Es ist wichtig, regionale Bio-Landwirte zu unterstützen. Diese bewirtschaften ihre Felder nach strengen Naturland-, Bioland- oder demeter- Richtlinien, die weit über die EU-Standards hinausgehen.“
KRAFTVOLL steht für 100 Prozent plastikfreie, vegane und nachhaltige Bio-Superfoods aus Deutschland. Ohne Gentechnik, künstliche Aromen oder Konservierungsstoffe.
Nachhaltigkeit heißt für KRAFTVOLL ressourcenschonend mit den Materialien umzugehen, die uns Menschen zur Verfügung stehen. Dabei geht KRAFTVOLL auf die folgenden vier Themen ein:
◗◗ Heimische Bio-Superfoods
◗◗ Umweltfreundliche Verpackungen aus Holzcellulose
◗◗ Erneuerbare Energien
◗◗ Klimaneutraler Versand
Schon erstaunlich: Bio-Gojibeeren lassen sich also auch von einem demeter-Hof aus Deutschland beziehen. Ebenso gibt es Bio-Aroniabeeren und auch Bio-Quinoa aus Deutschland.
Und es gab noch mehr zu entdecken: Photovoltaik für das Eigenheim, sehr effiziente E-Autos, die Präsentation einer Initiative zur Vermeidung der Lebensmittelverschwendung, Infos zur Trinkwasseraufbereitung im eigenen Haushalt, zur Nachhaltigkeit im Finanzwesen und und und …
Die Messe war wirklich sehr informativ – viele der zahlreichen Angebote nebst spannenden Vorträgen bleiben da nachhaltig als Denkanstoß in Erinnerung!
Weitere Informationen sowie alle Messetermine finden Sie unter: https://autarkia.info/
■ Karsten van Husen