Nach langem Hin und Her ist das Grundrentengesetz zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Circa 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner werden von der Gesetzesänderung profitieren und erhalten Grundrentenzuschläge von bis zu 404,86 Euro monatlich. Durchschnittlich beträgt der Zuschlag allerdings nur etwa 75 Euro. Die ersten Rentner profitieren ab Mitte 2021 von der höheren Rentenzahlung. Finanziert werden die Grundrentenzuschläge durch die Erhöhung des Bundeszuschusses zur allgemeinen Rentenversicherung, sprich aus Steuergeldern, und nicht – wie lange geplant – durch die Finanztransaktionssteuer. Eine Beitragserhöhung in der gesetzlichen Rentenversicherung wird es zur Finanzierung der Zuschläge somit nicht geben.
Das Ziel
Die Grundrentenzuschläge sollen langjährig Erwerbstätige vor der Sozialhilfe bewahren, denn hier wird jeder Hinzuverdienst zur Minderung der Sozialleistung angerechnet. Bedürftigen ist es somit kaum möglich ihre finanzielle Situation durch geringe Nebeneinkünfte zu verbessern. Bei den Grundrentenzuschlägen erfolgt bei einem Einkommen von unter 1250 Euro (Ledige) beziehungsweise 1950 Euro (Verheiratete) keine Anrechnung. Zum Einkommen zählen jedoch neben Arbeitseinkünften beispielsweise auch Erträge aus privater oder betrieblicher Altersvorsorge.
Die Zielgruppe
Doch wer erhält einen Grundrentenzuschlag? Es gibt zwei wesentliche Kriterien: Zum einen müssen Versicherte mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten nachweisen können. Hierzu zählen neben Zeiten der Pflichtversicherung aufgrund von Erwerbstätigkeit beispielsweise auch Zeiten nicht erwerbsmäßiger Pflege oder Kindererziehungszeiten, nicht aber Zeiten der Arbeitslosigkeit. Zum anderen müssen sie ein Einkommen von durchschnittlich zwischen 0,3 Entgeltpunkten und 0,8 Entgeltpunkten pro Jahr erzielt haben. Dies entspricht bei einem vorläufigen Durchschnittsentgelt von 41 541 Euro im Jahr 2021 einem jährlichen Einkommen zwischen circa 12 500 Euro und 33 200 Euro. Langjährig geringfügig Beschäftigte oder Angestellte, die in ihrem Erwerbsleben durchschnittlich verdient haben, erhalten in der Regel keinen Grundrentenzuschlag zu ihrer Altersrente.
Die Fallstricke
Irgendwo muss der Gesetzgeber Grenzen ziehen. Aber sind die hier gewählten gerecht? Ein Versicherter, der bis zum Rentenalter beispielsweise 20 Entgeltpunkte erworben und dafür 35 Jahre lang gearbeitet hat, kann einen Grundrentenzuschlag erhalten. Jemand, der für die 20 Entgeltpunkte lediglich 30 Jahre Erwerbstätigkeit benötigt hat und die entsprechenden Grundrentenzeiten nicht vorweisen kann, wird keinen Zuschlag erhalten. Kritiker sehen hier das Äquivalenzprinzip – kurz: mehr Beitrag, mehr Rente – in Gefahr. Nach der Kritik von sowohl hochrangigen Rentenexperten als auch Verfassungsrechtlern scheinen auch Verfassungsklagen bereits auf dem Weg zu sein. Vermutlich wird sich daher wohl letztlich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Gesetzesänderung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Beispiel Verkäuferin West
◗◗ 40 Jahre angestellt
◗◗ durchschnittlich 0,75 EP erworben
◗◗ das entspricht heute ca. 30 400 € Bruttogehalt
◗◗ Altersrentenanspruch bisher: ca. 1026 €
(40 x 0,75 EP x 34,19 €)
Berechnung des Grundrentenzuschlags:
◗◗ die erworbenen EP werden verdoppelt, bzw. auf max. 0,8 EP angehoben
◗◗ in diesem Fall somit um 0,05 EP
◗◗ der Zuschlag wird um 12,5 % gekürzt
◗◗ es verbleiben 0,0438 EP
◗◗ der Zuschlag wird für max. 35 Jahre berechnet
Grundrentenzuschlag: ca. 52 €
(35 x 0,0438 EP x 34,19 €)
Gesamtrente neu: ca. 1078 €
Quelle: Deutsche Rentenversicherung
■ Markus Öchsner