3/2020 Bewusster Lernen im Arbeitskontext

Lange spielte Lernen im Rahmen des Arbeitslebens nur eine Rolle bis zum Ende der beruflichen Ausbildung. Darüber hinausgehende Lernbedarfe konzentrierten sich auf Schulungen von Berufsverbänden oder spezialisierten Bildungsanbietern. Bei größeren Firmen ist es in der Regel Aufgabe der Personalentwicklungsabteilungen, das Lernen ihrer Belegschaft zu planen und möglichst konsequent zu steuern. Sie entwickeln entsprechende Lernangebote und tragen sie an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heran.
Das Problem ist: Dadurch, dass bei vielen im Kontext der Digitalisierung immer neue Lernbedarfe entstehen, kann dieser Ansatz mit den Veränderungen immer weniger Schritt halten. Weder kann so das Tempo der Veränderungen der
Arbeitswelt im Lernangebot widergespiegelt werden, noch erscheint es realistisch, unaufhörlich eine hohe Anzahl von Lernangeboten zu entwickeln und diese aktuell zu halten.
Die Antwort auf diese Herausforderung kann nur sein, dass die Lernenden selbst zu Gestalterinnen und Gestaltern der eigenen Weiterentwicklung werden. Egal ob Selbständige oder Mitarbeitende – Grundlage einer steten Weiterentwicklung ist
der Wille, diese Verantwortung für sich selbst zu übernehmen.
Selbständiges Lernen im Alltag
Aber wie genau kann dies gestaltet werden? Lernen ist mehr als der Besuch von Seminaren, Kursen oder anderen Lernformaten. Noch viel wichtiger ist das, was wir im Alltag lernen. Weil wir circa 70 Prozent dessen, was wir wissen und können, durch die Arbeit selbst lernen, ist es zum Beispiel essenziell, dass alle Mitarbeitenden Aufgaben haben, an denen sie wachsen und sich entwickeln können.
Was brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Führungskräfte, um einen besseren Zugang zum kontinuierlichen Lernen im Arbeitsalltag zu erfahren? Und was hilft ihnen, um in dieses neue Bewusstsein für das Lernen hineinzufinden?
Ein Baustein dafür können Lernhacks sein. Lernhacks sind Routinen, Tools und Kniffe, die jede und jeden Einzelnen dabei unterstützen, die persönliche Weiterentwicklung selbst in die Hand zu nehmen, und die Führungskräften helfen, das Lernen ihrer Mitarbeitenden zu fördern.
Einzelne Lernhacks sind einfache, in wenigen Minuten am Tag umsetzbare Routinen. Der Lernhack „Ganz nebenbei“ zum Beispiel schlägt dem Nutzer neun ganz einfache, aber weitreichende Mini-Aufgaben vor, die sich in jedem Arbeitstag
unterbringen lassen. Sie unterstützen dabei, gerade die Chancen des unbewussten Lernens, die mit den Aufgaben und Begegnungen des Tages einhergehen, zu nutzen.

„Ein Learning zum Einstieg“ beschreibt eine simple Routine, die Führungskräfte etablieren können, um Meetings und Austauschrunden immer auch zu Lern-Events zu machen.

So lerne ich gerne
Der Lernhack „So lerne ich gerne“ ist als persönliches Steuerungsinstrument für die eigene Weiterentwicklung gedacht und funktioniert am besten als Poster im Büro: Sie können mit Hilfe von Post-its planen, was sie wie lernen möchten, wo sie aktuell stehen, und vor allem auch klären, welche Weisen zu lernen für sie am besten funktionieren. Wenn Mitarbeitende diese Fragen nicht nur für sich selbst klären, sondern ihren Lernplan auch für andere transparent machen, wächst eine
selbstverständliche Kultur des Lernens im Alltag. Führungskräfte sollten dabei als Vorbilder fungieren und voranschreiten, also ihr eigenes Lernen transparent machen, um Kolleginnen und Kollegen im Team Anregungen zu geben.

Wirklich lernen mit Videos
Wie souveräne Nutzung digitaler Lernressourcen aussehen kann, zeigt exemplarisch der Lernhack „Wirklich lernen mit Videos“: Anstatt sich von TED Talks oder YouTube-Videos nur berieseln zu lassen, sollten Ausschnitte aus Videos sinnvollerweise über eine Notiz-App gespeichert, kommentiert und aktiv bearbeitet werden. Video und Notiz können dann im Team oder im ganzen Unternehmen geteilt werden.

Pomodoro
Der Lernhack „Pomodoro“ hilft nicht nur in der Umsetzung der klassischen (und vor allem unliebsamen) Arbeitsaufgaben, sondern auch, den inneren Schweinehund beim Lernen zu überwinden. Durch die genaue Planung und Aufteilung der Lerneinheiten erfährt man einen deutlichen Effizienzgewinn.

Lernturbos
Und zu guter Letzt die „Lernturbos“: Auch selbst in die Rolle des Lehrenden für die eigenen Mitarbeiter, Kollegen oder auch die Führungskraft zu gehen, hat einen unheimlichen Lerneffekt. Durch einige Kniffe ist es leicht, vom einfachen „ich erkläre dir mal etwas“ in eine spannendere Vermittlung von Inhalten zu kommen.

 ■ Marcus Schrameyer

IGU e. V.