Gold und Münzen gelten als die ältesten Zahlungsmittel. Nach dem direkten Tauschhandel mit Waren kamen diese bereits 700 Jahre v. C. als Zwischentauschmittel zum Einsatz. In einer Folgestufe kam es im 11. Jhd. in China und 300 Jahre später in Italien dann zu Scheinen bzw. Papiergeld, die dem Besitzer den aufgedruckten Wert versprachen. Es bedurfte also eines großen Vertrauens, wenn man das Papiergeld bei Bedarf wieder in einen fassbaren Wert konvertierte. In erster Linie zur Vereinfachung des weltweiten Transports von Werten und unter Sicherheitsaspekten gewann das Geld in der heutigen Form immer mehr an Bedeutung. Aus Vereinfachungs- und Gewichtsgründen macht das Gros der Zahlungsmittel mittlerweile Papiergeld aus.
Wussten Sie, dass noch in den 60er-Jahren Gehalt überwiegend bar ausgezahlt wurde? Die Augsburger Aktienbank verschickte Auszahlungen von Ratenkrediten per Post im Briefkuvert an die Empfänger. Dann entwickelte sich der bargeldlose Zahlungsverkehr zu einem Standard, wodurch Überweisungen für jedermann möglich wurden. Mitte der 60er-Jahre schlug die Stunde des bargeldlosen Zahlungsverkehrs innerhalb Deutschlands von Konto zu Konto. Und wer sich an die Zeit vor der Euro-Einführung 2002 erinnert, der weiß, dass bei jeder Auslandsreise anstrengende Zahlenspiele notwendig waren. Exotische Scheine und Münzen stapelten sich so mit der Zeit in der heimischen Urlaubskiste …
Kunden in Deutschland greifen zwar mittlerweile zunehmend auf das Plastik der Maestro-Card – umgangssprachlich immer noch „EC-Karte“ – oder einer Kreditkarte zurück. Doch für 80 Prozent der Deutschen ist Bargeld die erste Wahl. Erschwerend kommt hinzu, dass die Maestro-Card eine rein deutsche Lösung ist. Mit dieser Karte kommt man im Ausland oder im Internet nicht weit. Auch deshalb gilt Deutschland als zahlungstechnisches Entwicklungsland.
Liegt es am Handling mit der leidigen Geheimzahl und der ständigen Angst vor dem Kartendiebstahl, dass die Bundesbürger weltweit immer noch als überzeugte Bargeldfreaks verschrien sind? Welcher Kreditkartenbesitzer kennt nicht das mulmige Gefühl, wenn er seine Visa- oder Mastercard-Kreditkarte dem Kellner in einer zwielichtigen Spelunke in Manila zum Bezahlen überreicht oder im Internet seine geschätzte Kartennummer, Ablaufdatum und „Sicherheitsmerkmal“ eingibt? Die Kreditkarte aus Plastik ist zwar kein Geld, aber dennoch Türöffner zum eigenen Konto.
Vielleicht holt Deutschland jetzt mit der nächsten Stufe im Bereich Zahlungsmittel auf. Denn hier kommen wie vor tausenden von Jahren die elementaren Eigenschaften von Gold und Münzen wieder zum Einsatz: Vertrauen, Praktikabilität und Sicherheit. Die Rede ist von „Mobile Payment“, der nächsten Stufe des weltweiten Zahlungsmittels. Smartphones sind nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken, vom Kindergarten bis zum Seniorenheim, ob als Statussymbol oder Alltagswerkzeug. Wir vertrauen dem „Telefon“ die Steuerung der Haustechnik, das Programm des Hometrainers und die Überwachung des Herzschrittmachers an. Wir nutzen das iPhone oder Android-Gerät aus praktischen Gesichtspunkten, um Routen zu planen und das Wetter zu checken. Und wir bauen auf seine Sicherheit und jederzeitige Verfügbarkeit. Das Smartphone übernimmt immer mehr Funktionen in Haushalt, Beruf, Sport und Freizeit. Da ist es nur konsequent, wenn wir auch das tägliche Bezahlen mit diesem nützlichen Begleiter erledigen. Apple Pay, Google Pay und Garmin Pay sind hier die Schlagworte für diese neue Bezahlform, die sich auch bei uns sehr schnell durchsetzen wird.
Die Vorteile für den Verbraucher liegen auf der Hand:
Das Smartphone ist sowieso immer dabei, die Kartendaten werden nicht aus der Hand gegeben, eine Legitimation erfolgt über das Smartphone und der Einsatz ist weltweit und im Internet möglich. Da der Bezahlvorgang deutlich schneller und einfacher als mit Bargeld funktioniert, lassen sich auch Kleinstbeträge, für die man bislang kaum seine Karte zückte, auf diese Weise bezahlen. In Estland, Schweden oder Norwegen gibt’s kaum noch Bargeld, hier wird sogar der Klingelbeutel oder die Toilette per Smartphone bezahlt. Auch in China und Togo gehört diese Bezahlform zum Alltag.
Mobile Payment – wie funktioniert‘s?
◗◗ Die Kreditkarte wird im Smartphone einmalig hinterlegt und kann dann für alle Zukunft zu Hause bleiben.
◗◗ Beim Bezahlvorgang wird das Smartphone oder die Watch ans Terminal gehalten, per NFC (Nearfield Communication) kommuniziert das Gerät mit dem Terminal.
◗◗ Per Smartphone oder Watch erfolgt eine Freigabe des Bezahlbetrags per Touch-ID, Klicken, Gesichtserkennung.
◗◗ Sofort nach dem Einkauf erhält man eine Bestätigungsbenachrichtigung auf dem Display.
◗◗ Weder Apple/Google/Garmin noch das Geschäft erhalten die Karteninformationen.
◗◗ Der Bezahlvorgang funktioniert auch ohne WLAN/Mobilfunknetz.
◗◗ Basis ist eine Kreditkarte (Debit/Credit oder Prepaid), ein mobiles Endgerät und eine Bank, die mobiles Payment anbietet.
Geschäfte und Einzelhändler, die ihren Kunden diese moderne Bezahlform anbieten möchten, müssen Kreditkarten akzeptieren und über ein Terminal mit NFC-Funktionalität verfügen. Das Inkasso und die Gebühren des Kartenanbieters Mastercard bleiben für den Händler unverändert. Schnellere Zahlungsabwicklung und ein niedriger Kassenbestand dürften sich langfristig positiv auswirken.
Übrigens: Die Augsburger Aktienbank, Tochter der LVM, bietet über ihre Marke netbank heute schon Apple Pay, Google Pay und Garmin Pay an. Mobile Payment ist mit allen Kreditkarten der netbank möglich. Für eine netbank Mastercard Debit oder eine netbank Mastercard Premium ist ein netbank Girokonto erforderlich. Eine netbank Prepaid- Kreditkarte gibt es auch ohne Girokonto schon für einmalig 7,50 Euro.
■ Thomas H. Roßmann