3/2018 Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung am Arbeitsplatz: Was stärkt? Was belastet?

Die Psyche spielt im Berufsleben eine elementare Rolle. Faktoren wie Zeitdruck, die Möglichkeit ohne störende Unterbrechungen arbeiten zu können oder zwischenmenschliche Beziehungen: All diese Rahmenbedingungen können die Gesundheit positiv beeinflussen, aber auch gefährden.

Es gilt daher herauszufinden, welche Rahmenbedingungen das Wohlbefinden stärken und welche es gefährden, um dann darauf aufbauend Handlungsmöglichkeiten ableiten zu können.

Arbeitgeber in der Pflicht
Seit Ende 2013 ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung für alle Unternehmen und Organisationen nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Pflicht. Ziel ist es, präventiv Unfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhindern. Die Beurteilung schließt zudem die menschengerechte Gestaltung von Arbeit ein und trägt dazu bei, die Gesundheit, die Motivation und die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Beschäftigte sollen sich mit ihrer Qualifikation und den damit verbundenen Potenzialen und Kompetenzen individuell entfalten können.

Beurteilung der Arbeitsbedingungen
Um diesen Anspruch zu gewährleisten, bedarf es eines Wissens zur psychischen Belastung und einer guten Vorbereitung, Durchführung und späteren Nachbereitung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Bei der Vorgehensweise der Beurteilung geht es nicht um die Beurteilung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten, sondern um das Beleuchten der Arbeitsbedingungen. Die Beurteilung und Gestaltung der Arbeit steht demnach im Mittelpunkt.

Zu dem Merkmal Arbeitsbedingungen gehören folgende Themenbereiche:

◗ Arbeitsinhalte und Arbeitsaufgaben, z. B. Qualifikation, Verantwortung, Handlungsspielräume und emotionale Inanspruchnahme

◗ Arbeitsorganisation, z. B. Arbeitszeit, Arbeitsablauf und Arbeitsintensität, Störungen und Unterbrechungen, sowie Kommunikation und Kooperation

◗ Soziale Beziehungen, z. B. zu den Kolleginnen und Kollegen sowie zu den Vorgesetzten

◗ Arbeitsumgebung, z. B. Faktoren wie Lärm, Ergonomie am Arbeitsplatz oder die Informationsgestaltung

◗ Arbeitsformen, z. B. Telearbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und Ähnliches

Mitarbeiter einbeziehen ist hilfreich
Die Beurteilung kann über schriftliche Befragungen, Beobachtungen, Interviews oder moderierte Workshops durchgeführt werden. Grundlage ist die Basis von Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Hinzu kommt, dass Offenheit und Bereitschaft zu vorgeschlagenen Maßnahmen gezeigt wird, sowie Ressourcen für die Umsetzung bereitgestellt werden. Bei der Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Gesundheit sollen alle Beschäftigten angesprochen werden.

Die Arbeit gesund zu gestalten, indem mögliche Veränderungsprozesse angetrieben werden, benötigt häufig Zeit und viel Geduld. Jedes Unternehmen ist individuell und hat unterschiedliche Handlungsspielräume. Einmalige Aktionen laufen häufig ins Leere. Vor der Maßnahmenentwicklung sollten Erwartungen geklärt und miteinbezogen werden, um die Bereitschaft zu eröffnen, neue Wege zu gehen.

Umsetzung im Arbeitsalltag
Maßnahmen könnten z. B. eine Entspannungs- oder auch Bewegungspause von 20 Minuten sein. Beschäftigte tanken neue Kraft und Energie und sind u. a. weniger müde. Sportlich engagierte Mitarbeiter können beispielsweise solche Pausen anleiten.

Eine andere Maßnahme ist, die persönliche Arbeitsorganisation umzustellen. Der Tagesablauf könnte ggf. so umgestellt werden, dass Aufgaben, die mehr Konzentration verlangen, zu Uhrzeiten ausgeführt werden, bei denen die Leistungsfähigkeit am größten ist.

Auch eine möglichst große Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist eine sehr effektive Maßnahme.

Eine weitere, sehr simple Maßnahme ist es, Obst und Wasser bereitzustellen, um in gewisser Hinsicht zum Thema Gesundheit beizutragen. Auch mit so kleinen Maßnahmen kann schon eine Wirkung erzielt werden.

Ein gesunder Arbeitsplatz fördert Motivation und Zufriedenheit
Da in unserer heutigen Zeit psychische Belastungen durch verschiedene Faktoren (z. B. wachsende Unsicherheit in einer immer schnelllebigeren, digitalen Gesellschaft) immer mehr zunehmen, ist es von größter Bedeutung die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in Unternehmen durchzuführen.

Die Beurteilung ist nicht nur eine Chance, die stetige Zunahme von Stress und psychischen Erkrankungen zu stoppen und ihr entgegenzuwirken. Im Fokus steht die Zufriedenheit, Gesundheit und Motivation der Beschäftigten, denn diese ist Grundlage für die Produktivität und sichert somit Arbeitsplätze.

■ Annika Tenfelde

IGU e. V.