Wer wünscht sich nicht ein Zuhause, das mitdenkt? Für vollautomatische, selbstständige Entscheidungen und Handlungen eines intelligenten Heims gibt es vielfältige Beispiele: Morgens im Bad ist die Heizung schon auf wohlige Temperatur hochgefahren, in der Küche wird man bereits vom frisch gekochten Kaffee begrüßt und die Rollladen öffnen sich passend zum Sonnenaufgang von alleine. Später, wenn die Sonne genug Strom vom Dach liefert, dosiert die Waschmaschine den Weichspüler entsprechend der Wäschemenge und startet den Waschgang, während der Kühlschrank eine Bestellung losschickt, um die knappen Vorräte an Milch und Marmelade wieder aufzufüllen. Klingt nach Utopie? War es auch, aber mittlerweile ist die Utopie marktreif. Und eröffnet einen gewaltigen neuen Markt.
Auf dem aufsteigenden Ast
Einer Studie des Marktforschungsunternehmens Splendid Research zufolge nutzen bereits annähernd 30 Prozent der Deutschen eine oder mehrere Komponenten von Smart Home-Systemen. Weitere 50 Prozent zeigen sich an dem Thema sehr interessiert, während lediglich einer von fünf Befragten das Thema für sich ablehnt. Der Nutzungsgrad steigt dabei von Jahr zu Jahr. Das potenzielle Marktvolumen wird auf über 30 Mrd. Euro geschätzt.
Der Begriff Smart Home ist allerdings differenziert zu betrachten. Auf dem Markt gibt es Lösungen zum Energiemanagement, für Unterhaltungselektronik, Sicherheitssysteme, Haushaltsgeräteautomation sowie für Gesundheit/Prävention und Smart Metering (intelligente Verbrauchsmessung, bspw. für Strom oder Wasser). Die meisten Nutzerhaushalte bewegen sich heute maximal in ein oder zwei der genannten Themenbereiche und sind damit auch vollauf zufrieden. Die technische Entwicklung strebt allerdings das Ziel an, möglichst alle Felder mit nur einem System abdecken zu können.
An dieser Stelle trennt sich oftmals noch die Spreu vom Weizen, da jeder Hersteller seine eigene Technologie nutzt, um die Geräte untereinander kommunizieren zu lassen. So kann die Waschmaschine von Hersteller A in der Regel nicht mit den elektrischen Rollladen von Hersteller B oder dem Tageslichtsensor von Hersteller C kommunizieren, da sie unterschiedliche Sprachen „sprechen“. Dieser Umstand ist allerdings wenig verwunderlich: Fehlende Standards gehören zu den Merkmalen junger Märkte. Diese bilden sich erst im Laufe der Zeit heraus, wie etwa im Fall der Bluray-Disc oder dem mp3- Dateiformat.
Die Qual der Wahl beim richtigen System
Die gängigsten übergreifenden Lösungen sehen aktuell so aus, dass Steuerungssysteme als Metaeinheiten mit den beteiligten Sensoren und Aktoren bzw. Geräten kommunizieren und so das Heim vernetzen. Diese Steuerungssysteme sprechen und verstehen einen Großteil der unterschiedlichen „Sprachen“ der verschiedenen Standards und Hersteller und können so ihre steuernde Rolle wahrnehmen. Auch künstliche Intelligenz kann hier zum Einsatz kommen.
Viele der großen Energieversorgungs- und Telekommunikationsanbieter haben mittlerweile hierfür ihre Lösungen im Markt – mal mehr und mal weniger ausgereift. Vorrangig in der Startup-Szene gibt es eine nicht unerhebliche Anzahl von Unternehmen, die sich komplett auf Smart Home-Lösungen spezialisiert haben. Die Möglichkeiten gehen hier von klein und simpel bis zu sehr groß und umfangreich, je nachdem, welchen Preis der Kunde bereit ist dafür zu zahlen. Auch Open Source-Lösungen werden angeboten, mit denen technikaffine Nutzer ihre Lösungen größtenteils selbst programmieren können.
Nicht nur für Privatleute interessant
Viele der Funktionen von Smart Home-Lösungen finden nicht nur im privaten Umfeld Anwendung, sondern können auch im betrieblichen Umfeld einen großen Nutzen bringen. Intelligente Beleuchtungssysteme in Verbindung mit Bewegungsmeldern gehören heute oft schon zum Standard. Darüber hinaus sind automatische Steuerungen der Raumtemperatur aufgrund von Tageszeiten oder bestimmten Ereignissen denkbar oder Alarmsysteme, wenn beispielsweise die Temperatur im Kühlraum eine bestimmte Grenze überschreitet. Technische Defekte könnten so deutlich früher erkannt und Schäden vermieden oder begrenzt werden.
Ein weiteres Beispiel: Einbruchsversuche können auf ähnliche Weise signalisiert werden – etwa über Bewegungsmelder, die Außenkameras und Beleuchtung aktivieren oder automatisiert Sicherheitsdienste anfordern, sobald sie ungewöhnliche Aktivitäten auf einem überwachten Betriebsgelände feststellen.
Es ist davon auszugehen, dass auf den großen Elektronikmessen in diesem Jahr noch zahlreiche weitere Beispiele für Smart Home-Anwendungen präsentiert werden und der Durchdringungsgrad in Privat- und Gewerbebereich weiter ansteigen wird. Nicht nur für Technikinteressierte dürfte es sich daher lohnen, ein Auge auf diesen aufstrebenden Markt zu haben.
■ Dennis Cosfeld-Wegener
Quellen: „Smart Home Monitor 2016“ – Splendid Research, https://www.splendid-research.com/ smarthome.html