2/2016 Diversity Management – Vielfalt gestalten

Seit einigen Jahren gewinnt das Thema „Diversität“ in deutschen Unternehmen an Relevanz. Im Jahr 2006 wurde die „Charta der Vielfalt“ von Daimler, der BP Europa SE, der Deutschen Bank und der Deutschen Telekom ins Leben gerufen, um die Vielfalt in Unternehmen zu fördern. So heißt es auf der Website der Charta der Vielfalt: „Die Initiative will die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Unternehmenskultur in Deutschland voranbringen. Organisationen sollen ein Arbeitsumfeld schaffen, das frei von Vorurteilen ist. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität“.
Worin liegen die Vorteile, wenn Vielfalt in Unternehmen gewünscht ist und gefördert wird? Warum sollten Unternehmen sich mit dem Managen von Diversität beschäftigen? Neben dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das darauf abzielt, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“, lassen sich vor allem ökonomische Gründe anführen. Wenn Unternehmen ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem jede/r Mitarbeiter/in sich wertgeschätzt fühlt, erhöht das die Motivation der Mitarbeitenden, was wiederum zu mehr Produktivität führt. Darüber hinaus konnten zahlreiche Studien zeigen, dass heterogene Teams innovativer und kreativer sind. Daher können divers zusammengesetzte Teams vor allem dann von Vorteil sein, wenn es darum geht, Problemlösungen zu finden oder kreative Ideen zu entwickeln. Bei der Entwicklung und Vermarktung von neuen Produkten können die jeweiligen Mitarbeiter/innen die Perspektive der entsprechenden Kundengruppen einbringen. So können sich bspw. die älteren Mitarbeitenden besser in die älteren Kundinnen und Kunden hineinversetzen; Mitarbeitende mit Migrationserfahrungen kennen die Bedürfnisse dieser entsprechenden Kundengruppe. Unternehmen, die Vielfalt schätzen und fördern, stärken damit ihre Arbeitgebermarke. Hoch qualifizierte Mitarbeitende legen heute vielfach Wert auf eine entsprechende Unternehmenskultur. Nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass ein gut funktionierendes Diversitätsmanagement die Gefahr von Diskrimierungsklagen senken und für das Unternehmen damit Kosten einsparen kann. Durch den demografischen Wandel, die zunehmende Migration, die zunehmende Anzahl von erwerbstätigen Frauen ergibt sich eine Beschäftigtenstruktur, die diverser ist und wird. Wenn diese Vielfalt in der Belegschaft nicht nur wertgeschätzt und anerkannt, sondern vor allem gut gemanagt wird, kann sie den Profit von Unternehmen steigern.
Damit dies gut gelingt, müssen einige Prozessschritte berücksichtigt sowie fördernde und hemmende Faktoren bewusst gemacht werden. Zunächst muss die Unternehmensführung hinter dem Thema stehen und einen klaren Verantwortungsbereich definieren bzw. eine verantwortliche Person benennen. Die Unterstützung der Unternehmensspitze ist die wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Diversitätsmanagement. Daraufhin muss analysiert werden, welche Dimensionen für das Unternehmen relevant sind. Nicht alle oben aufgeführten Kerndimensionen haben in jedem Unternehmen die gleiche Relevanz. Bei der Erhebung des Ist-Stands sollten die Kundinnen und Kunden, die Mitarbeitenden sowie die Unternehmenskultur in den Blick genommen werden. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein: Welche demografische Struktur weist die Kundschaft auf? Wie ist die vertikale Verteilung bestimmter Mitarbeitergruppen im Unternehmen? Gibt es Mitarbeitergruppen, die eine besonders hohe Fluktuation aufweisen? Welche Werte prägen unser Leitbild?
Wenn auf Basis der Analyse die relevanten Diversitätsdimensionen definiert wurden, können Ziele abgeleitet, Strategien entwickelt und Maßnahmen implementiert werden. Die Maßnahmen können einerseits bestimmte Dimensionen fokussieren. Für die Dimension „ethnische Herkunft“ können bspw. Netzwerke für Mitarbeitende mit derselben ethnischen Herkunft gegründet werden; hinsichtlich der Dimension „Geschlecht“ kann im Rahmen von Trainingsmaßnahmen für Geschlechtsstereotype sensibilisiert werden. Unabhängig von einzelnen Dimensionen können Großveranstaltungen oder Workshops auf das Thema „Vielfalt“ aufmerksam machen. Ziel sollte es sein, die Mitarbeitenden zur Kritik von Stereotypen zu befähigen. Darüber hinaus müssen sie mit Ambivalenz umgehen lernen, eine Ambiguitätstoleranz entwickeln, d. h. Ungewissheit und Fremdheit aushalten können, sowie fähig sein, Perspektiven zu wechseln. Im Umgang mit Vielfalt sind das relevante Ziele der Kompetenzentwicklung.
Grundsätzlich bringt das Managen von Vielfalt die Herausforderung mit sich, dass die entsprechenden Maßnahmen stereotypes Denken verstärken können bzw. dass Diversity Management zur Reproduktion von Zuschreibungen beitragen kann. Dies gilt es zu berücksichtigen und permanent zu reflektieren.
■ Dr. Patricia Heufers

IGU e. V.