Wie sieht es derzeit aus?
Pensionsrückstellungen sind grundsätzlich gemäß § 253 Absatz 2 Satz 1 HGB mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz – die Durchschnittsbildung soll konjunkturelle Schwankungen glätten – der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen (Rechnungszins). In der Praxis wird im Normalfall jedoch die Vereinfachungsregelung gemäß § 253 Absatz 2 Satz 2 HGB verwendet, wonach pauschal der Rechnungszins bei Annahme einer Restlaufzeit von 15 Jahren angewendet werden kann.
Obwohl sich die genaue Entwicklung des HGB-Rechnungszinses für die nächsten Jahren noch nicht exakt vorhersehen lässt, steht der generelle Trend schon weitestgehend fest: Der Rechnungszins wird aus heutiger Sicht sehr stark sinken.
Ursache hierfür ist, dass eben dieser Rechnungszins als Durchschnitt der letzten sieben Jahre ermittelt wird. Die hohen Zinsen des Jahres 2008 werden nämlich aus der Durchschnittsbildung herausgenommen und durch die sehr niedrigen Zinsen des laufenden Jahres ersetzt. Für die Bewertung der Pensionsverpflichtungen zum 31. Dezember 2014 wurde noch ein Zinssatz von 4,53 Prozent angesetzt, nach aktuellen Berechnungen wird sich dieser Satz in den Jahren 2015, 2016 und 2017 bis Ende 2017 jedoch auf nur noch ca. 2,8 Prozent reduzieren. Selbst wenn die Marktzinsen wieder anziehen sollten, führt die lang anhaltende Niedrigzinsphase in den nächsten Jahren allerdings dazu, dass der für die HGB-Bewertungen anzusetzende Rechnungszins trotz dieser Durchschnittsbildung weiter deutlich sinken wird.
Was ist geplant?
Der Zinseinbruch in der jüngeren Vergangenheit und die erwartete zukünftige Entwicklung haben viele Unternehmen überrascht und dazu beigetragen, sich wieder mehr um die Handelsbilanz zu kümmern, da für deutsche Unternehmen die Ausschüttung nach wie vor maßgeblich von der Handelsbilanz abhängt. Um den erheblichen Ergebnisbelastungen aus dem sinkenden Rechnungszins entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber über eine Modifikation der Ermittlungsweise des Rechnungszinses diskutiert. Eine diesbezügliche Gesetzesänderung wurde bislang jedoch nicht umgesetzt. Allerdings wurde die Bundesregierung vom Deutschen Bundestag in der Sitzung vom 18. Juni 2015 aufgefordert, eine Prüfung des Rechnungszinses im Hinblick auf den Zeitraum für die Durchschnittsbildung vorzunehmen und dem Bundestag ggf. eine angemessene Neuregelung vorzuschlagen: Die Durchschnittsbildung des maßgeblichen Rechnungszinses soll künftig über einen deutlich längeren Zeitraum erfolgen, in der Diskussion sind zwölf oder fünfzehn Jahre.
Die Gesetzesänderung soll den zinsbedingt steigenden Pensionsrückstellungen der Unternehmen Einhalt gebieten. Der dadurch erzielte Glättungseffekt bewirkt, dass der Rechnungszins weniger stark sinkt, da in die Durchschnittsbildung zusätzlich fünf (vielleicht sogar acht) Jahre mit höherem Zinsniveau eingehen würden. Zum anderen wird Zeit für eine mögliche künftige Erholung des Zinsniveaus gewonnen, die entsprechend zu einer künftigen Erhöhung des Rechnungszinses führen kann.Zu beachten ist jedoch weiterhin, dass auch ein derart verlängerter Zeitraum ein weiteres Absinken des Rechnungszinses nach HGB natürlich nicht vermeiden kann, wenn die Niedrigzinsphase längere Zeit anhält. Das Absinken würde allerdings deutlich langsamer erfolgen. In den Folgejahren wäre das Absinken des Rechnungszinssatzes ebenfalls deutlich langsamer als bei Beibehaltung der bisherigen Regelung. Auch bei Änderung der gesetzlichen Regelung müssen die Unternehmen allerdings jedes Jahr mit einem Zusatzaufwand von etwa 5-10 Prozent der jeweiligen Pensionsrückstellungen rechnen.
Was sollten Sie tun?
Vorsorge ist besser als Nachsorge: Die geplante Änderung des HGB-Rechnungszinses hat erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Pensionsrückstellungen in diesem und den nächsten Jahren. Nach BilMoG bilanzierende Unternehmen sollten die Entwicklung genau im Auge behalten und in ihrer Ergebnisplanung berücksichtigen.
Das Abschmelzen des Rechnungszinses und die damit höheren Pensionsrückstellungen sollten zum Anlass genommen werden, Maßnahmen bzw. Eingriffe in der Versorgungsordnung vorzunehmen bzw. eine Ausfinanzierung bzw. Auslagerung der Direktzusagen zu prüfen. Hierfür kommen Rückdeckungsversicherungen oder versicherungsförmige Durchführungswege wie Pensionsfonds und Unterstützungskasse (oder eine Kombination von beiden) in Frage.
■ Carsten Harbert