4/2012 Abgerechnet wird zum Schluss

Nahezu täglich erscheinen neue Pressemitteilungen von gesetzlichen Krankenkassen, die für das kommende Jahr die Auszahlung einer Prämie an ihre Mitglieder ankündigen. Andere Kassen wollen Überschüsse an ihre Mitglieder zurückgeben, indem sie ihre Leistungen ausweiten.

Neutrale Betrachter reiben sich verwundert die Augen: Noch vor wenigen Jahren war die finanzielle Situation mehrerer Krankenkassen so angespannt, dass ihre Versicherten sogar Zusatzbeiträge zahlen mussten. Was hat sich seither verändert? Das Gesundheitssystem jedenfalls ist unverändert geblieben – dennoch verkünden immer mehr Krankenkassen ein ausgeglichenes Budget.

Der Finanz- und Eurokrise hat die deutsche Wirtschaft bisher getrotzt. Speziell im europäischen Vergleich schnitt Deutschland in den letzten Jahren sehr gut ab. Entsprechend niedrig ist die aktuelle Arbeitslosenquote. Die relativ hohe Zahl an Erwerbstätigen beschert dem Gesundheitsfonds und damit indirekt den Krankenkassen seit einigen Jahren erfreulich hohe Beitragseinnahmen. Dadurch konnten sich zuvor in finanziellen Engpässen befindliche Krankenkassen konsolidieren und die zuvor schon gut wirtschaftenden Kassen ohne Finanznot sogar Überschüsse bilden.

„Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“, dieses bewährte Sprichwort gilt leider nicht für die Verwendung dieser von den gesetzlichen Krankenkassen erwirtschafteten Überschüsse. Zwar wäre es durchaus sinnvoll, jetzt schon für schlechtere Jahre Rücklagen zu bilden. Die Realität sieht leider anders aus: Die Krankenkassen müssen ihren Überschuss aufgrund gesetzlicher Vorschriften innerhalb eines vorgegebenen Zeitraumes weitgehend für ihre Versicherten einsetzen. Vorausschauendes Wirtschaften und die Bildung von nennenswerten Reserven ist somit nicht vorgesehen und politisch auch nicht gewollt. Damit wird eine große Chance vertan, für die Zukunft eine richtige Weichenstellung zu treffen.
Letztlich ist die Freude über solche Prämienzahlungen oder zusätzliche Leistungen jedoch nur von begrenzter Dauer. Vielmehr werden die Versicherten voraussichtlich schon in Kürze wieder stärker belastet: Eine zunehmend alternde Bevölkerung führt bereits in naher Zukunft zu absehbar spürbar steigen Ausgaben der Krankenkassen. Und falls sich die Konjunktur – wie bereits von Fachleuten prognostiziert – abschwächt, wird auch die Zahl der Arbeitslosen wieder zunehmen. Als Folge sind Mindereinnahmen bei den Beiträgen zu erwarten. Krankenkassen, die heute noch einen Überschuss verkünden, beklagen vielleicht schon in wenigen Jahren ein Milliarden-Defizit. Dieses durchaus realistische Zukunfts-Szenario bleibt leider in den Medien weitgehend unerwähnt.

Stattdessen dominiert eine Berichterstattung, die vor allem die Zukunftsfähigkeit des anderen Systems – der privaten Krankenversicherung (PKV) – in Frage stellt. Verallgemeinert dargestellte Beitragserhöhungen einzelner privater Krankenversicherungsunternehmen reichen aus, und schon entsteht Verunsicherung gegenüber einem grundsoliden Produkt, wie es die private Krankenversicherung erwiesenermaßen ist: Kann man sie im Alter noch bezahlen? Wird sie bald ganz
verschwinden – verdrängt von einer allgemeinen „Bürgerversicherung“?

Von diesen Fragestellungen sollte man sich nicht verunsichern oder verrückt machen lassen. Trotz negativer Presse bleibt die Private Krankenversicherung eine unersetzliche Alternative. Sie ist das einzige Produkt am Markt, das optimale medizinische Leistung zu einem verhältnismäßig günstigen Beitrag sichert und auch die altersbedingt steigenden Krankheitskosten berücksichtigt.

Die PKV beinhaltet elementare Vorteile, die eine Bürgerversicherung nicht bieten könnte:
✔ Die PKV ist kapitalgedeckt und damit absolut zukunftsorientiert.
✔ Nur sie erlaubt Versicherungsschutz nach persönlichem Bedarf.
✔ Sie bietet eine lebenslange Leistungsgarantie und freie Arztwahl.

Ein kapitalgedecktes funktionierendes System wie das der PKV aufzugeben und durch eine fragwürdige Neuerung – ohne jede Nachhaltigkeit und bar jeder Antwort auf die großen Herausforderungen der Zukunft (den demografischen Wandel und steigende Krankheitskosten) – zu ersetzen, wäre allzu leichtfertig. Die sogenannte Bürgerversicherung mit Zwangsmitgliedschaft für alle und Leistungskatalog nach Kassenlage wird es daher hoffentlich nicht geben. Für die Versicherten würde sie vermutlich keine Vorteile mit sich bringen. Man darf gespannt sein, wer also letztlich davon profitieren würde: Abgerechnet wird bekanntlich zum Schluss.

■ Norbert Schulenkorf

IGU e. V.