Die Arbeitskraft ist bei Selbstständigen ebenso wie bei Arbeitern und Angestellten das wertvollste Kapital. Es gibt jedoch deutliche Unterschiede in der Absicherung.
Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) erhalten die Versicherten, die erwerbsunfähig sind und die in den letzten 60 Monaten mindestens 36 Pflichtbeiträge gezahlt haben. Außerdem muss die Wartezeit von 60 Monaten erfüllt sein.
Wer ist pflichtversichert in der GRV?
➡ Arbeiter und Angestellte haben keine Wahl. Sie sind versicherungspflichtig, wenn sie als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt werden. Ein Anspruch auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente ist grundsätzlich gegeben.
➡ Daneben gibt es jedoch auch Selbstständige, die kraft Gesetzes rentenversicherungspflichtig sind. Dieser Personenkreis ist aufgeführt im § 2 des SGB VI. Dazu gehören zum Beispiel Handwerker, selbstständige Physiotherapeuten und Masseure, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
➡ Aber auch Selbstständige, die nur für einen Auftraggeber tätig sind und keinen Arbeitnehmer haben, der über 400 Euro verdient (zwei geringfügig Beschäftigte mit insgesamt mehr als 400 Euro Entgelt reichen auch). Da diese Selbstständigen einen Pflichtbeitrag zahlen, sind auch hier die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente erfüllt.
Freiwillig Versicherte können nur dann eine Erwerbsminderungsrente erhalten, wenn sie am 31. Dezember 1983 die Wartezeit von 60 Kalendermonaten (5 Jahre) Beitragszeiten (Pflicht oder Freiwillige), Ersatzzeiten, Zeiten der Kindererziehung oder Zeiten aus einem Versorgungsausgleich erfüllt haben. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Zeitraum ab dem 1. Januar 1984 lückenlos mit Beiträgen (es reicht der Mindestbeitrag von 78,40 Euro) oder gleichgestellten Tatbeständen wie zum Beispiel einer Anrechnungszeit, Berücksichtigungszeit oder Kindererziehungszeit belegt ist.
Folgende grafische Darstellung gibt einen guten Überblick über die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Erwerbsminderungsrente (EM) aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden kann.
Selbstständige, die nicht mindestens am 1. Januar 1979 mit der Beitragszahlung begonnen haben, verlieren auch durch die Zahlung freiwilliger Beiträge die Erwerbsminderungsrenten-Ansprüche.
Neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ist für die Gewährung einer Rente jedoch entscheidend, ob der Versicherte überhaupt erwerbsgemindert ist. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, deren Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – in jeder nur denkbaren Tätigkeit – keine 3 Stunden beträgt. Entscheidend ist allein der Gesundheitszustand (das Restleistungsvermögen). Auch Selbstständige haben einen Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente, ohne dass die selbstständige Tätigkeit aufgegeben werden muss. Allerdings dürfen dann nicht mehr als 400 Euro hinzuverdient werden.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, deren Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 3 bis unter 6 Stunden beträgt. Sie erhalten die halbe Erwerbsminderungsrente. Diese beträgt durchschnittlich ca. 490 Euro in den alten Bundesländern und ca. 420 Euro in den neuen Bundesländern. Ausnahme: Versicherte, die arbeitslos sind und somit ihr Restleistungsvermögen wegen dieser Arbeitslosigkeit nicht in Erwerbseinkommen umsetzen können, erhalten eine volle Erwerbsminderungsrente.
Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind und zwar auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr arbeiten könnten, jedoch in ihrem Beruf keine 3 bis unter 6 Stunden am Tag mehr tätig sein können, erhalten ebenfalls die halbe Erwerbsminderungsrente. Sie haben noch einen Berufsschutz. Die Rente heißt dann „Teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit“.
Nicht erwerbsgemindert sind Versicherte, deren Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – in jeder nur denkbaren Tätigkeit – 6 Stunden und mehr beträgt. Sie erhalten keine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Wie hoch die exakten Ansprüche bei voller Erwerbsminderungsrente sind, kann der jährlichen Renteninformation des Rentenversicherungsträgers entnommen werden. Der Blick auf die Zahlen ist in den allermeisten Fällen sehr ernüchternd.
Die Gefahr, erwerbsgemindert zu werden und wenig (oder nichts) aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu bekommen, stellt ein existenzielles Risiko dar, denn der gesamte Lebensstandard baut in der Regel auf dem Arbeitseinkommen auf. Der Absicherungsbedarf ist aus diesem Grund bei Selbstständigen oft viel höher als bei Arbeitern oder Angestellten.
Die private Vorsorge sollte im Idealfall so gestaltet sein, dass die Versorgungslücke zwischen bestehender (oder auch nicht bestehender) Versorgung und dem aktuellen Einkommen geschlossen werden kann. Doch gerade mit der Ermittlung dieser Lücke tun sich viele Selbstständige schwer: Wie sehen meine bestehenden Ansprüche aus? Und wie ist mein aktuell vielleicht schwankendes Einkommen zu bewerten? Selbstständige haben hier meistens weniger konstante Einkommen als Angestellte. Zunächst gilt es, die bestehende Versorgung an Hand der Mitteilung der gesetzlichen Rentenversicherung festzustellen. Ganz wichtig: Wie lange besteht diese Absicherung noch? Fällt sie ggf. in absehbarer Zukunft ganz weg? Gibt es bereits bestehende private Verträge, die die Arbeitskraft absichern? Danach ist der notwendige Absicherungsbedarf zu ermitteln. Als Faustregel gilt hier bei Selbstständigen: Sie sollten etwa 60 Prozent des durchschnittlichen Gewinns der letzten drei Jahre absichern.
Es wird deutlich: Gerade bei Selbstständigen ist eine vertrauensvolle Beratung zu diesem Punkt ihrer Absicherung sehr wichtig. Zu Beginn einer Selbstständigkeit sollten hier die Weichen in die richtige Richtung gestellt werden. Beratung ist wichtig: Professionelle Unterstützung bietet hier zum Beispiel der LVM-Kompass ®.
■ Bernd Dirksen