4/2011 Frauenquote – „Die Lösung?!“ oder „Eine Gretchenfrage“

In den letzten Monaten wurde auf vielen Podien intensiv über eine Frauenquote diskutiert und gestritten: Ist zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen eine gesetzliche Quote sinnvoll? Und wie zweckmäßig ist eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft? Gehört hierzu nicht mehr als eine fixe Quote? Wie bereit ist Deutschland für die Akzeptanz berufstätiger Frauen und Mütter?

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen plädiert für eine gesetzlich geregelte Vorgabe, wohingegen sich Bundesfamilienministerin Kristina Schröder für die Freiwilligkeit und die sogenannte Flexiquote, eine gesetzliche Pflicht zur Selbstverpflichtung, einsetzt. Die CSU, wie auch die FDP, lehnen dahingegen eine gesetzliche Quote grundsätzlich ab. Während sich die Bundesregierung also noch über die Frauenquote uneinig ist, ist sich die Wirtschaft einig. Die Wirtschaft plädiert für eine freiwillige Selbstverpflichtung.

Die erste freiwillige Selbstverpflichtung zwischen der damaligen Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2001 mit dem Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, ist, gemessen am Ergebnis, ernüchternd. Der Anteil an Frauen in den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen liegt bei etwa drei Prozent. Bei Aufsichtsräten liegt er immerhin bei durchschnittlich knapp 15 Prozent. Der Anteil an weiblichen Führungskräften in familiengeführten Unternehmen, derzeit bei 10 Prozent, steigt, da immer mehr Töchter die Nachfolge antreten.

Die Forderung nach einer gesetzlich vorgegebenen, fixen Frauenquote in Höhe von 30 Prozent ist deshalb populär und in gewisser Weise auch nachvollziehbar. Schließlich gibt es viele gut ausgebildete und qualifizierte Frauen. Vielerorts liest man auch von einer undurchlässigen „gläsernen Decke“.

Diese Forderung setzt aber gleichzeitig voraus, dass es ausreichend potenzielle Kandidatinnen für diese Positionen gibt. Da in jeder Branche und in jedem Unternehmen das Angebot an Spitzenmanagerinnen anders ist, muss die Qualifikation ausschlaggebendes Kriterium bleiben. In einigen Branchen ist der Anteil an Arbeitnehmerinnen hoch, so dass ein vergleichsweise großer Pool qualifizierter Bewerberinnen für eine Führungsposition zur Verfügung steht. In anderen Branchen, wie zum Beispiel in den Ingenieurberufen, sind Frauen selbst in den Eingangsebenen noch „Mangelware“. Dort ist es wesentlich schwieriger, geeignete Kandidatinnen für das Management zu rekrutieren. Deshalb darf die Politik keinem Unternehmen die Entscheidung für den besten Bewerber vorschreiben. Eine gesetzliche Vorgabe könnte sogar dazu führen, dass entsprechende Stellen mit weniger qualifizierten Frauen besetzt werden, um die Vorgaben zu erfüllen und eine Sanktionierung zu vermeiden. Ich bin nicht der Ansicht, dass so eine konstruktive und akzeptable Frauenförderung aussieht.

Die öffentliche Diskussion und die Forderung nach einer gesetzlichen Frauenquote haben bereits so viel Druck aufgebaut, dass die DAX-30-Konzerne eine freiwillige Selbstverpflichtung abgegeben haben. Die Unternehmen wollen den Anteil von Frauen in Führungspositionen in den nächsten Jahren erhöhen. Über die erzielten Fortschritte soll jährlich berichtet werden. Damit kommen die DAX-30-Unternehmen den Forderungen auf freiwilliger Ebene entgegen und geben gleichzeitig ein klares Bekenntnis für mehr Frauen in Führungspositionen ab. Ich bin der Meinung, dass man diese Selbstverpflichtung respektieren und konstruktiv begleiten sollte.

Alle anderen Diskussionen über gesetzliche Sanktionsmechanismen halte ich für verfrüht. Denn man kann der Wirtschaft nicht vorwerfen, dass sich in den letzten Jahren nichts getan hätte. Seit 2009 wurden zwei Drittel der heute mit Frauen besetzten Aufsichtsratspositionen auf der Anteilseignerseite in DAX-30-Unternehmen mit Frauen besetzt. Dieser Trend dürfte sich aufgrund des öffentlichen Drucks und des Bedarfs an qualifizierten Führungskräften auch in den kommenden Jahren fortsetzen.

Bei all den Plänen und Absichten sollten die Gründe nicht übersehen werden,  warum es in Deutschland zu wenig Frauen in Führungspositionen gibt. Die Ursachen sind vielfältig und vor allem auch struktureller Natur. Ein wesentlicher Aspekt kommt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu. Es mangelt an Betreuungsplatzangeboten für Kleinkinder und flexiblen Arbeitszeitmodellen. Deutschland rangiert in europäischen und internationalen Statistiken in der Ganztagskinderbetreuung noch im unteren Drittel. Solange es hier Nachholbedarf gibt, wird eine Frauenquote ins Leere laufen.

Eine gesetzliche Quote von 30 Prozent läuft auch solange ins Leere, wie der Frauenanteil in Studiengängen und Ausbildungen mit späterem Managementpotenzial niedrig ist. Zwangsläufig sind Berufseinsteigerinnen in solchen Unternehmen natürlich nur unterproportional vertreten. Hier hat die Bundesregierung bereits einen Schwerpunkt gelegt: Mit der MINT-Initiative wird seit 2007 das Interesse an Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gefördert.

Statt nach einer gesetzlichen Frauenquote zu rufen, sollten wir einerseits mehr junge Mädchen für MINTund Management-Berufe motivieren. Auf der anderen Seite müssen wir Frauen dahingehend unterstützen, dass sie sich nicht zwischen Familie und Karriere entscheiden müssen.
Franz-Josef Holzenkamp
(MdB)

IGU e. V.