2/2009 Krankengeld für Selbständige: Fortschritt oder Rückschritt?

Durchdachtes Handeln sieht anders aus als die aktuelle Gesundheitspolitik der Bundesregierung um Ministerin Ulla Schmidt: Speziell die Absicherung von Krankengeld für gesetzlich krankenversicherte Selbstständige im Fall einer Arbeitsunfähigkeit wird nach Rekordzeit wieder „zurück“ geändert.

Nachdem das Krankengeld für Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung erst Anfang Januar gestrichen worden ist, hat das Bundesministerium für Gesundheit bereits zum 1. August 2009  – und somit schon nach 7 Monaten – diese Neuregelung weitgehend rückgängig gemacht. Im Rahmen des allgemeinen Beitragssatzes zum Gesundheitsfonds von zurzeit 14,9 Prozent bieten die gesetzlichen Krankenkassen nun auch optional den Selbstständigen, wie bisher schon den Arbeitnehmern, ein „gesetzliches“ Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit an.

Zum Jahresanfang hatte die Bundesregierung noch verlauten lassen, das Streichen des Krankengeldanspruches bringe für die Versicherten mehr Transparenz und Flexibilität. Doch fehlte dadurch den Selbstständigen die Absicherung ihres Verdienstausfalls im Fall einer Arbeitsunfähigkeit.  Wer sein Einkommen auch weiterhin absichern wollte, musste eine Krankentagegeldversicherung bei einem privaten Anbieter abschließen oder sich für einen zusätzlich von seiner Krankenkasse extra angebotenen kostenpflichtigen Wahltarif „Krankengeld“ entscheiden. Die Entscheidung für den Wahltarif der Kasse bedeutete gleichzeitig, dass sich das Mitglied dadurch mindestens 3 Jahre an die Krankenkasse gebunden hat. Vor allem die Beitragsberechnung war ein Ärgernis für die Versicherten: Da bei den Kassen die Beitragshöhe erstmalig vom Eintrittsalter abhängig gemacht wurde, führte der Abschluss eines Wahltarifes vor allem für Selbstständige im fortgeschrittenen Alter zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung.

Nun ist die Bundesregierung zurückgerudert. Die Krankenkassen müssen den selbstständig Tätigen ab August optional verschiedene Absicherungsvarianten anbieten. Grundsätzlich können sich hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige seither für einen „gesetzlichen“ Krankengeldanspruch ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit zum allgemeinen Beitragssatz (s.o.) entscheiden. Wer hingegen bereits vor der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit ein Krankengeld absichern möchte, muss auch weiterhin bei seiner Kasse einen Wahltarif versichern. Diese Tarife wurden nach den gesetzlichen Vorgaben zum 1. August überarbeitetet und neu kalkuliert. Nach der Neuregelung wird nicht mehr wie bisher nach dem Versichertenstatus differenziert. Das bedeutet: Egal, ob es sich bei den Versicherten einer Krankenkasse um hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige oder unständig oder kurzzeitig selbstständig Beschäftigte handelt, muss die Kasse nun allen jeweils einheitliche Wahltarife anbieten. Daneben werden nach den gesetzlichen Vorgaben in den neuen Wahltarifen die Prämien nun unabhängig vom Alter berechnet.

Versicherte, die ihren Krankengeldanspruch ab dem 1. Januar 2009 über einen „alten“ Wahltarif abgesichert hatten, können ohne Wartezeit in einen neuen Wahltarif bzw. in das „gesetzliche“ Krankengeld wechseln. Eine Ausnahme gibt es für Versicherte der Künstlersozialkasse (KSK). Dort gelten die bisherigen Besonderheiten unverändert.

Von Beständigkeit und einer Politik mit Weitblick zeugt das Ganze nicht. Unabhängig von ständig neuen Reformen innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung haben Selbstständige die Möglichkeit, sich vollständig privat zu versichern. Dort gibt es keinen Ärger mit Wahltarifen, Gesundheitsfonds, Bindungsfristen oder neuen GKV-Leistungseinschränkungen durch den Gesetzgeber. Ob sich ein Wechsel lohnt, lässt sich am besten individuell im Rahmen einer ausführlichen Beratung ermitteln.
■ Norbert Schulenkorf

IGU e. V.