3/2023 Werbung im Wandel – von „Massenwerbung“ zum gezielten „Online Marketing“

Text: Stephanie Endt

Bei meiner Recherche zur Entwicklung des Marketings in den letzten Jahrzehnten stellte sich mir als erstes die Frage: Seit wann gibt es eigentlich Werbung in Deutschland?

Mit der Erfindung des Backpulvers machte sich Dr. Oetker im Jahr 1893 Gedanken, wie er sein Produkt „unters Volk bringen“ könnte. Das Backpulver war neu und versprach eine Arbeitserleichterung für die Verbraucher. Dr. Oetker setzte damals auf Massenwerbung, er schaltete zahlreiche Werbungen in verschiedenen Zeitschriften. Hier transportierte er seine Botschaft: „Mit Dr. Oetker-Produkten zu backen ist so leicht, dass es selbst Kindern gelingt“.

Diese Art der Werbung war äußerst erfolgreich und nachhaltig: Bis heute ist das Produkt auf dem Markt. Die Firma ist beständig gewachsen und hat neue Produkte entwickelt.

Seither befindet sich Werbung in einem stetigen Wandel. In der Nachkriegszeit war sie zunächst produktorientiert: Kunden wurden als „einheitliche Gruppe mit ähnlichen Bedürfnissen“ gesehen. In den 60er Jahren stand der reine Verkauf im Vordergrund. Ab ca. 1970 ging es eher um Marktorientierung und die Bedürfnisse einzelner Kundengruppen rückten in den Fokus. Danach wurde wettbewerbsorientiert geworben, mit Betonung von Alleinstellungsmerkmalen. Ökologische, politische, technologische oder gesellschaftliche Veränderungen wurden berücksichtigt.

Mit der Jahrtausendwende entwickelten sich Internet und E-Mail – und damit ganz neue Möglichkeiten der Kundenansprache. Schneller, direkter und vor allem gezielter konnten Kunden angesprochen, Bedürfnisse genauer ermittelt und dadurch auch werblich bedient werden.

Ab 2010 folgte das sogenannte „Web 2.0“ mit sozialen Netzwerken und weiteren Möglichkeiten die Kunden zu erreichen. Seitdem gibt es immer mehr Möglichkeiten, Daten zu sammeln, Kundenbedürfnisse zu erforschen, Zielgruppen einzugrenzen und damit zielgerichtetes Marketing zu betreiben. Bedürfnisse, Erwartungen und Werte stehen im Mittelpunkt: Werbung soll sowohl den Kopf als auch das Herz der Konsumenten erreichen.

Marketing besteht schon lange nicht mehr ausschließlich aus Flyern, Anzeigen in Zeitschriften und TV-Spots. Manche Firmen verzichten z. B. auf die Verteilung der wöchentlichen Angebotsflyer. Andere setzen weiterhin bewusst darauf, um die Kunden in der Masse zu erreichen.

Insgesamt wird die Werbewelt immer digitaler und individueller auf den Kunden zugeschnitten. Denn wir alle sind häufig im Netz unterwegs und werden für die Datensammler und Marketingagenturen immer transparenter. Klicks werden nachverfolgt; beim nächsten Seitenbesuch werden gezielt Produkte vorgeblendet oder Werbespots geschaltet. Das hat Vorteile sowohl für die Produkthersteller und Dienstleister (u. a. Sichtbarkeit, Markenbekanntheit) als auch für die Nutzer (gezielte Angebote, Markenvielfalt, Bequemlichkeit).

Viele Firmen nutzen zudem die Möglichkeit, auf ihren Internetseiten einen Chat anzubieten. Verbraucher können so ihre Fragen schnell stellen und direkt klären – und sich dadurch ggf. schneller für das Produkt oder die Dienstleistung entscheiden.

Das klingt alles sehr technisch und kompliziert und wirft für Unternehmer viele Fragen auf. Entfremden wir uns dadurch nicht zu sehr vom Kunden? Und geht es überhaupt noch ohne digitale Werbung?

Zu wissen, was der Kunde wirklich braucht, die Kundenbeziehung aufzubauen und zu pflegen – ist das nicht gerade für kleinere Unternehmen auch ohne viel digitale Anstrengung möglich? Diese Unternehmen haben oft einen klaren Vorteil: Sie kennen viele Kunden persönlich und wissen, wie man diese am besten anspricht. Dabei hilft ihnen etwas, das die Künstliche Intelligenz trotz aller gesammelten Daten (noch) nicht hat: das eigene Gespür für Kommunikation, die soziale Intelligenz, die Intuition – kurz „das Bauchgefühl“.

Quellen:
https://die-werteentwicklung.de/blog/artikel/historische-entwicklung-des-marketings/
https://www.buergerleben.com/dr-oetker/
https://www.wuv.de/Archiv/Mehr-Bauchgef%C3%BChl-bitte
https://www.visioneleven.com/blog/digitales-marketing-vom-bauchgefuehl-zur-datenbasiertenentscheidung


Zur Autorin:

Stephanie Endt ist seit vielen Jahren Mitglied im Redaktionsteam der „inhalte“. Lesen, schreiben und korrigieren gehören zu ihrer Arbeit im Marketing wie die Butter aufs Brot. Auch außerhalb der Arbeit spielen Sprachen und Sprache für sie eine große Rolle.

IGU e. V.