Text: Rainer Rathmer
Vor kurzem rief mich eine Freundin an. Ihr – sie meinte die LVM Versicherung – habt mich angeschrieben, sagte sie. Sie könne eine Geldprämie beantragen, weil sie neuerdings ein Elektroauto fahre. So ganz verstanden habe sie es allerdings noch nicht. Ich habe ihr dann den Hintergrund erklärt und den Weg, wie sie mit wenigen Klicks im Internet zum Ziel kommt.
Lange Zeit war es naheliegend, dass Unternehmen Zusatzleistungen mit direktem Bezug zu ihrem Produkt angeboten haben. Der Klassiker, das Rabattsystem, hat sich bis heute erhalten. Als ich ein kleiner Junge war – und das ist sehr lange her – klebte ich Rabattmarken, die meine Mutter beim Einkaufen erhalten hatte, in dafür vorgesehene Heftchen. War das Heft voll, konnte man es gegen einen Geldbetrag eintauschen. Eine schon modifizierte Form von Rabatt gab es an Tankstellen. Dort erhielt man Münzen mit dem Konterfei von deutschen Fußball-Nationalspielern, die man dann in einen Sammelkarton heften konnte, später dann Mini-Wimpel von bekannten Fußballvereinen oder Bilder exotischer Sportwagen.
Das System hat sich in vielfach abgewandelter Form bis heute erhalten. Autowaschanlagen bieten Rabattkarten, in denen jede Wäsche mit einem Stempel dokumentiert wird; nach 10 Einträgen gibt es eine Wäsche gratis. Lebensmittel und Drogerieketten wie Edeka, Penny und dm arbeiten mit Bonusprogrammen und Payback-Systemen.
Daneben gibt es Zusatzleistungen, die nicht mehr Kerngeschäft sind, sich jedoch wegen der deutlichen Nähe dorthin förmlich aufdrängen. So zum Beispiel der Autohändler, der auch das für den Kauf erforderliche Darlehen oder den Leasinganbieter vermittelt.
Ebenfalls außerhalb des Kerngeschäfts von Versicherungsunternehmen liegt auch der Service, den die besagte Freundin mit dem Elektroauto von dort erhielt, nämlich einen Brief mit dem geldwerten Hinweis, ihre THG-Quote für das Elektroauto verkaufen zu können. Worum ging es da?
2015 hat die Bundesregierung die Treibhausgas-Minderungsquote (THG-Quote) eingeführt. Die THG-Quote gibt vor, wie viel Mineralölunternehmen durch die von ihnen in den Markt gebrachten Kraftstoffe in einem Jahr einsparen müssen. Der reduzierende Anteil steigt jährlich. Er beträgt zum Beispiel 8 Prozent im Jahr 2023 und 25 Prozent im Jahr 2023. Mineralölunternehmen können diese Verpflichtung erfüllen, indem sie selbst u.a. erneuerbare Energieerzeugnisse in Verkehr bringen oder Kraftstoffe mit geringerem CO²- Anteil verkaufen. Sie können aber auch CO²-Einsparungen von Dritten in Form von THG-Zertifikaten kaufen.
Seit Anfang 2022 wurde die Breitenwirkung der CO²-Einsparbemühungen dadurch erhöht, dass private Nutzer von reinen Elektrofahrzeugen (Pkw, Nutzfahrzeuge bis 3,5 t und Motorräder) ihre eingesparten CO²-Emissionen durch das Umweltbundesamt zertifizieren und an Mineralölunternehmen verkaufen können. Als Handelsplatz dienen Portale, die diese CO²-Menge in Masse von privaten Fahrzeugnutzern kaufen und an Mineralölunternehmen weiterleiten. Jedes E Fahrzeug ist pro Jahr einmal berechtigt, am THG-Quotenhandel teilzunehmen. Der Preis schwankt je nach Angebot und Nachfrage zum Zeitpunkt der Beantragung und ist zudem unterschiedlich je nach Portal, das mit der THG-Quote handelt.
Meine Freundin konnte die wenigen erforderlichen Informationen (insbesondere Fahrzeugschein und Bankverbindung) mit wenigen Klicks über das Kundenportal der LVM Versicherung an deren Partnerunternehmen GREENfactory weiterleiten. Dieses übernimmt die Kommunikation mit dem Umweltbundesamt und zahlt die THG-Prämie binnen weniger Tage aus. Das ist ein besonderer Service, da die Zertifizierung durch das Umweltbundesamt aktuell noch bis zu 16 Wochen Bearbeitungszeit in Anspruch nimmt. GREENfactory ging also mit seiner Auszahlung in Vorleistung.
Einige Tage nach unserem Telefonat schrieb mir meine Freundin über WhatsApp, dass die Beantragung erfolgreich und das Geld bereits auf ihrem Konto sei. In ihrem Fall waren das 260 Euro! Eine zufriedene Kundin mehr für die LVM Versicherung!
Zum Autor:
Rainer Rathmer ist Jurist in der Kraftfahrtversicherung und betreut dort alle vertragsrechtlichen Fragen inklusive der Versicherungsbedingungen. In dieser Funktion ist er beim Verband (GDV) Mitglied der Arbeitsgruppe Bedingungen und vertragliche Grundsatzfragen.