In der letzten Ausgabe haben wir uns an dieser Stelle mit verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit auseinandergesetzt und ich habe damals nicht geglaubt, dass uns Themen wie die bestehende Pandemie aktuell noch derart nachhaltig beschäftigen werden.
Da es im Rahmen der menschlichen Wahrnehmung offensichtlich unmöglich ist, alle Konsequenzen eines Ereignisses oder eines Umstandes zu erkennen, verlieren derzeit auch die letzten Frohnaturen – zumindest stunden- oder tageweise – ihre gewohnte Heiterkeit und erwarten sehnlichst angenehmere Zeiten. Oder wie der Westfale sagt: „Wer jetzt noch lacht, der hat Reserven!“
Nun ja, vielleicht ist es ein Unglück, dass die Pandemie so lange an aller Nerven zerrt. Vielleicht ist es auch ein Glücksfall, dass wir bislang zumindest größtenteils recht glimpflich durch diese ungewöhnliche Zeit gekommen sind.
Und in diesem Sinne sind wir dann auch beim heutigen Thema:
Glück im Unglück – Unglück im Glück
…ist eine der bekanntesten chinesischen Parabeln aus dem 2. Jahrhundert v. Chr., in der die Sichtweise des Daoismus in Bezug auf Glück und Unglück erläutert wird.
Ein alter Mann mit Namen Meister Felsen besaß ein kleines Gut in den Bergen. Eines Tages begab es sich, dass er eines seiner Pferde verlor. Da kamen die Nachbarn zu ihm, um ihm zu diesem Unglück ihr Beileid zu bekunden.
Der Alte aber fragte: „Woher wollt ihr wissen, dass das ein Unglück ist?“ Und siehe da: Einige Tage später kam das Pferd wieder und brachte ein ganzes Rudel Wildpferde mit. Wiederum erschienen die Nachbarn und wollten ihm zu diesem Glücksfall gratulieren. Der Alte aber versetzte: „Woher wollt ihr wissen, dass das ein Glücksfall ist?“
Da er nun so viele Pferde hatte, begann der Sohn des Alten eine Neigung zum Reiten zu fassen, und eines Tages brach er sich das Bein. Da kamen sie wieder, die Nachbarn, um ihr Beileid zum Ausdruck zu bringen. Und abermals sprach der Alte: „Woher wollt ihr wissen, dass dies ein Unglücksfall ist?“
Im Jahr darauf erschien eine Kommission des Kaisers in den Bergen, um kräftige Männer für den Dienst des Herrschers und als Sänftenträger zu holen. Den Sohn des Alten, der noch immer seinen Beinschaden hatte, nahmen sie nicht mit.
Meister Felsen musste lächeln.
Von der ursprünglichen Parabel ausgehend sind verschiedene Versionen der Geschichte geschrieben worden, die in Büchern und im Internet unter Titeln wie Der taoistische Bauer, Der Bauer und sein Pferd, Der Vater, sein Sohn und das Pferd, Der alte Mann verliert ein Pferd usw. zu finden sind.
Oder noch anders ausgedrückt:
„…, for there is nothing either good or bad, but thinking makes it so.“
(dt. …, denn an sich ist nichts weder gut noch böse, das Denken macht es erst dazu.) William Shakespeare Hamlet, 2. Szene, 2. Aufzug.
Wir wünschen Ihnen in jedem Fall einen glücklichen Start ins Frühjahr!
■ Karsten van Husen