Passt die neue Stelle zu mir? Soll ich das Projekt des neuen Kunden wirklich annehmen? Wie reagiere ich im Streit mit einer Kollegin?
In unserem Leben werden wir immer wieder vor große und kleine Entscheidungen gestellt. Ob im Privatleben oder im Beruf: Die Art und Weise, wie wir in bestimmten Situationen reagieren, wie wir uns verhalten und wofür wir uns stark machen, wird von unseren Werten beeinflusst.
Was Werte sind und wie sie entstehen
Werte oder Wertvorstellungen beschreiben kurz formuliert „Vorstellungen von Wünschenswertem“ (in Anlehnung an Clyde Kluckhohn, 1951). Sie stehen damit für etwas, was ein Mensch individuell als erstrebenswert oder moralisch gut betrachtet. Werte entscheiden darüber, welche Ziele wir verfolgen, wie wir sie verfolgen und welche Mittel wir dafür einsetzen. Sie wirken damit wie ein Kompass und geben dem Leben eine bestimmte Richtung.
Bestimmte Wertvorstellungen werden uns bereits als Kleinkind mitgegeben, etwa durch Familie oder andere Kontexte wie Schule, Freundeskreise, aber auch Religion. Im Laufe des Lebens können sich die eigenen Wertvorstellungen jedoch verändern. Übernehmen wir als Kind oft noch unbewusst Wertemuster der Eltern, sammeln wir im Laufe des Lebens eigene Erfahrungen, die uns prägen. Darüber hinaus bilden sich Wertesysteme immer auch durch die Kultur, in der wir leben.
Werte geben Orientierung, sorgen gleichzeitig aber auch für Spannung
Obwohl Werte das menschliche Handeln beeinflussen, bestimmen sie es nicht ausschließlich. Denn Werte beschreiben zunächst einmal das Wollen und Sollen des Menschen. Das tatsächliche Handeln eines Menschen wird von weiteren Faktoren mitbestimmt, wie zum Beispiel äußeren Umständen oder individuellen Fähigkeiten. Der Wert der Freiheit findet zum Beispiel dort seine Grenzen, wo andere durch die eigene Freiheit in Gefahr sind oder zu Schaden kommen könnten – das erleben wir in der aktuellen Coronazeit auf eine ganz neue Art.
Wertesysteme sind zudem komplex. Wir haben viele unterschiedliche Werte, denen wir mehr oder weniger bewusst folgen. Dabei können auch die eigenen Werte miteinander konkurrieren und erscheinen manchmal als nicht miteinander vereinbar. Vielleicht möchten wir beruflich Karriere machen, aber gleichzeitig unsere pflegebedürftigen Eltern unterstützen. Beim genauen Hinsehen stellen wir dann fest, dass unsere Werte eine Rangfolge haben – manche sind wichtiger als andere.
Warum es wichtig ist die eigenen Werte zu kennen
Die bewusste und stetige Auseinandersetzung mit den eigenen, manchmal widersprüchlichen Werten macht uns urteilsfähig und ist die Voraussetzung für selbstbestimmte Entscheidungen. Anders ausgedrückt: Ohne Werte wäre das eigene Handeln beliebig und auf Dauer orientierungs-, halt- und richtungslos. Wie im oben genannten Beispiel kann das auch bedeuten, Ambivalenzen auszuhalten, Werte zu überprüfen und bewusst Prioritäten zu setzen. Im Einklang mit den eigenen Werten zu leben mag manchmal schwierig erscheinen, führt auf Dauer aber zu einem sinnerfüllteren Dasein.
LITERATURTIPP
Im Zuge ihrer Recherche ist die Autorin auf ein interessantes Buch gestoßen, welches das Thema Werte aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet: „Werte – und was sie uns wert sind“, herausgegeben von Randolf Rodenstock und Nese Sevsay-Tegethoff. Ob Historiker, Soziologe, Physiker oder Profifußballer – unterschiedliche Persönlichkeiten beschreiben aus verschiedenen Warten, was Werte für sie bedeuten. Die einzelnen Beiträge sind kostenfrei online abrufbar: https://www.romanherzoginstitut.de/publikationen/detail/werte-und-was-sie-unswert-sind.html
■ Verena Barkling