3/2017 Willkommen an Bord! Wie wichtig ein gelungener Onboarding-Prozess für Unternehmen ist

Haben Sie sich schon einmal intensiv damit auseinandergesetzt, wie neue Mitarbeitende in Ihr Unternehmen integriert werden? In vielen Unternehmen mangelt es an systematischen Onboarding-Programmen für neue Mitarbeitende und Führungskräfte.
Die Eingliederung, also das „an Bord kommen“ wird nach dem Motto „learning by doing“ absolviert und es existieren keine Einarbeitungspläne oder gar Ideen, wie die neuen Kolleginnen und Kollegen in die Unternehmenskultur eingeführt werden können. Ironisch humorvoll fasst es z. B. dieses Statement eines Users auf der Bewertungsplattform kununu zusammen: „ Wer sich gerne selber einarbeitet, ist hier genau richtig. Hilfreich sind dabei telepathische Fähigkeiten und erweiterte Kenntnisse nonverbaler Kommunikation.“ Doch durch eine „Es-wird-schon-irgendwie-gehen-Mentalität“ nehmen sich die Unternehmen selbst eine echte Chance für eine gute Integration.
Empirische Studien haben ergeben, dass ein gelungener Onboarding-Prozess in den ersten Wochen oft darüber entscheidet, ob die Mitarbeitenden dauerhaft bleiben oder in den ersten Jahren bereits das Unternehmen wieder verlassen. Die Kosten der Frühfluktuation werden oft unterschätzt. So liegen diese häufig zwischen einem viertel und einem halben Jahresgehalt und steigen mit der hierarchischen Höhe der Position entsprechend an (Quelle: Berthel, J.Becker, F.G. (2007), S. 276). Der Zeitaufwand für die vergebliche Einarbeitung des scheidenden Mitarbeitenden, das Recruiting und die Einarbeitung des neuen Kollegen/der neuen Kollegin ist nicht unerheblich.
Aber wie sieht ein gelungener Onboarding-Prozess eigentlich aus? Wie schaffen es die Unternehmen, eine Frühfluktuation möglichst gering zu halten und den neuen Kolleginnen und Kollegen ein Umfeld zu gestalten, in das sie schnell integriert sind?
Das gelungene Onboarding steht auf zwei Säulen. Eine dieser Säulen ist die sozial-integrierende Säule. Hierbei ist der Hauptpunkt die Integration in das Arbeitsteam und in das Unternehmen. Es werden also Punkte, wie Unternehmenskultur, Leitbild und Werte, der Umgang miteinander oder auch mit Kunden im Fokus stehen. Und dieser Prozess fängt nicht erst am ersten Arbeitstag an, sondern beginnt schon deutlich vorher.
Fragen Sie sich doch einmal, wie der Recruiting-Prozesseines neuen Mitarbeitenden gelaufen ist. Welche Erfahrungen und Eindrücke hat er oder sie bereits im Vorfeld mit Ihrem Unternehmen gemacht? Wie lange war die Wartezeit auf den Arbeitsvertrag? Welche Informationen wurden bereits vorab verschickt, damit der/die Mitarbeitende sich schon einmal ein wenig in die Unternehmensphilosophie oder in die für ihn/sie als Mitarbeitende interessanten Infos einlesen kann. Weiß er/sie wo der Treffpunkt am ersten Arbeitstag ist oder wird es ein einsames Warten am Empfang sein, bis alle möglicherweise zuständigen Mitarbeitenden durchtelefoniert wurden? Ist hier schon ein erstes positives Bild Ihres Unternehmens und der Art und Weise, wie dort gearbeitet wird, gezeigt worden?
Die sozial-integrierende Säule gibt die Sicherheit, wie man sich im Unternehmen zu verhalten hat und reduziert das unsichere Gefühl, welches sich häufig einstellt, wenn man sich in einem neuen Umfeld zurechtfinden muss. Gleichzeitig wird auch frühzeitig eine emotionale Bindung geschaffen, welche unerlässlich für eine Abwehr der Frühfluktuation ist.
◗ Eine freundliche Aufnahme ins Team, ein gut ausgestatteter Arbeitsplatz und vielleicht ein Willkommensgeschenk sind hier schon fast Hygienefaktoren und müssten eigentlich nicht gesondert erwähnt werden.
◗ Wünschenswert wäre eine zeitnahe Vorstellung des/der „Neuen“ in der Abteilung oder bei kleineren Unternehmen im gesamten Unternehmen.
◗ Je nach Größe des Unternehmens sollten Infoveranstaltungen oder (bei kleineren Unternehmen) persönliche Gespräche über die wichtigsten Themen stattfinden. Angefangen von Einführungen in die Unternehmenskultur, Leitbild und Werte bis hin zu so praktischen Dingen wie Betriebssportgemeinschaft, soziale Angebote oder Zeiterfassung.
◗ Auch Patenprogramme haben sich hier gut bewährt. Hier können „die Neuen“ in einem geschützten Rahmen ihre Fragen adressieren. Vorteilhaft ist, wenn der Pate aus einem anderen Bereich, bzw. einer anderen Abteilung kommt, als der neue Mitarbeitende. Damit ist eine größere Unbefangenheit auf beiden Seiten gegeben. Die Gespräche sollten vertraulich sein. Jeder neue Kollege, jede neue Kollegin bringt naturgemäß auch eigene Werte, Einstellungen und Erfahrungen mit. Im neuen Unternehmen wahrgenommene Abweichungen hierzu werden sensibel beobachtet und können verstörend wirken. Hier bieten die Gespräche mit den Paten einen geschützten Rahmen, diese Beobachtungen richtig einzuordnen.
Die zweite Säule ist die formal-qualifizierende Säule. Hier geht es um die fachliche Einarbeitung, die oft sehr stiefmütterlich behandelt wird.
Nach dem ersten Ankommen und dem Kennenlernen der neuen Kolleginnen und Kollegen ist für viele Neueinsteiger oder auch Umsteiger die fachliche Komplexität die größte Herausforderung in ihrem Einarbeitungsprozess gewesen. Dies haben wir durch Interviews, die wir in unserem Unternehmen geführt haben, deutlich gespiegelt bekommen.
Eine gute Unterstützung sind hier Einarbeitungspläne, Checklisten und strukturierte Schulungspläne. Ebenso wichtig sind feste Ansprechpartner für fachliche Fragen und natürlich eine funktionierende Technik am neuen Arbeitsplatz.
Sorgen Sie dafür, dass auch die Führungskraft sich ausreichend Zeit nimmt, um wertschätzend und konstruktiv ein gutes Ankommen zu ermöglichen und dies nicht ausschließlich durch Kolleginnen und Kollegen übernommen wird.
So sind regelmäßige Feedbackgespräche mit der Führungskraft für beide Seiten gewinnbringend.
Nun müssen Sie überlegen, welche Varianten aus diesem Blumenstrauß an Möglichkeiten für Ihr Unternehmen passen und auch kontinuierlich umsetzbar sind.
Ermöglichen Sie Ihren neuen Kolleginnen und Kollegen ein gutes Ankommen.
Dies ist nicht nur im Interesse der Mitarbeitenden, sondern auch in Ihrem unternehmerischen Interesse wichtig und schafft für beide eine win-win-Situation.
■ Silvia Wiefel

IGU e. V.