2/2017 Arbeitsmarkt der Zukunft: Zwischen Digitalisierung und Demografie

Deutschlands Wirtschaft brummt und der Arbeitsmarkt boomt. Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren in ihrem Frühjahrsgutachten ein Wachstum von 1,5 Prozent und eine gleichbleibende Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent. Von dem Aufschwung profitieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist die Prognose bis 2018. Der digitale und demografische Wandel schreiten voran. Was für Auswirkungen hat das auf den Arbeitsmarkt?
Die Stimmung in den Unternehmen ist so gut wie seit Jahren nicht mehr. Die Exporte boomen, deutsche Produkte „Made in Germany“ werden weltweit für ihre Qualität und Sicherheit geschätzt. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt und die Frühjahrsprognose der Bundesregierung sorgt für gutes Investitionsklima bei den Unternehmen.
Immer mehr neue Jobs
43,6 Millionen Menschen haben in Deutschland Arbeit. Das sind über 600.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Erwerbslosen sank im März auf 2,66 Millionen. Seit 2005 sind über 5 Millionen zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Auch der Ausblick scheint rosig: Die Zahl der Erwerbstätigen soll in diesem und im nächsten Jahr neue Höchstwerte erreichen. Demnach wird die Zahl in diesem Jahr auf 44,2 Millionen und 2018 sogar um weitere 388.000 auf 44,6 Millionen ansteigen.
Wende im Jahr 2020: Geburtenstarke Jahrgänge gehen in Rente
Nach den Analysen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung wird sich die Zahl der bis 20-Jährigen von gegenwärtig 14,8 Millionen auf elf bis zwölf Millionen im Jahr 2060 verringern. Diese Entwicklung betrifft auch die Erwerbsbevölkerung: Sie könnte um rund ein Viertel absinken, also auf unter 33 Millionen.
Hiervon sind insbesondere Branchen betroffen, in denen die Digitalisierung einen starken Einzug erhalten wird, wie zum Beispiel in der Logistik, dem Maschinenbau und dem Baugewerbe. Wie hoch jedoch der Bedarf an Berufskraftfahrern – gegenwärtig sind 43 Prozent über 50 Jahre alt – zum Beispiel in 20 Jahren sein wird, ist nicht absehbar.
Gleichzeitig wird die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften in den sozialen und Pflegeberufen in den kommenden Jahren aufgrund des demografischen Wandels weiterhin ansteigen. Hier spielt der digitale Wandel keine so große Rolle. Technische Lösungen werden vor allem die körperliche Arbeit erleichtern und die Selbstständigkeit für ältere Menschen länger erhalten.
Gleichzeitig verbessert sich damit die Attraktivität des Berufsbildes. Die Zukunftsaussichten sind in sozialen Berufen insgesamt gut. Gerade in einer Gesellschaft mit vielen älteren Menschen.
Digitalisierung und Automatisierung: Die Arbeitswelt verändert sich
Die Arbeit wird immer mehr von digitalen Informationen und einem technischen Arbeitsumfeld geprägt. Berufsbilder, Arbeitsaufgaben und Tätigkeitsprofile wandeln sich. Einige Berufsbilder werden gänzlich verschwinden, andere werden weniger und wieder andere, wie zum Beispiel Data Scientists, die programmieren sowie Daten analysieren und verknüpfen können, werden zunehmend gebraucht. In der Industrie werden vor allem hybride Formen des Zusammenwirkens von Mensch und Maschine zunehmen: Industrie 4.0, eine vernetzte Produktion. Die Entwicklung von Robotern spielt eine große Rolle. Zukünftig geht es aber weniger darum den Menschen zu ersetzen, sondern darum mit ihm zusammenzuarbeiten.
Die Stärken unserer Wirtschaft liegen ganz klar in der Industrie- und Produktionstechnik. Mit der Industrie 4.0 besteht die Chance, die Wertschöpfungsketten grundlegend neu zu gestalten und damit den Anlagen- und Maschinenbau, Automobilbau, Elektro- und Medizintechnik entscheidend weiterzuentwickeln.
Die neuen Tätigkeits- und Berufsfelder werden ein hohes Maß an Bildung, Erfahrung und Fähigkeiten erfordern. In der Vergangenheit hat die Technisierung immer mehr Arbeit geschaffen, als Arbeitsplätze verloren gingen. Ob das auch in der Zukunft gilt, darüber sind sich auch Experten nicht einig. Kein Wunder also, dass viele Menschen verunsichert sind und nicht genau wissen, was mit der digitalen Wende auf sie zukommt.
Deshalb werden auch die Bereiche Bildung und lebenslanges Lernen immer wichtiger. Hier kommt der Politik wie auch der Wirtschaft eine besondere Verantwortung zu: Nicht nur den Menschen zu zeigen, welchen Nutzen der digitale Wandel mit sich bringt, sondern sie auch mitnehmen.
Wachstum und Arbeitsplätze entstehen nur, wenn die Digitalisierung und die Qualifizierung im Gleichschritt marschieren
Der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft der Wirtschaftsstandortes Deutschland liegt in der Qualifizierung und Kompetenzentwicklung, um das Potenzial der digitalen Wende zu nutzen und allen Menschen faire Zugangschancen für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu ermöglichen.
Die Politik muss hierfür die Rahmenbedingungen so setzen, damit die Menschen die Möglichkeit haben mit den Entwicklungen Schritt zu halten. Die Bundesregierung hat deshalb im Jahr 2013 die Digitale Agenda ins Leben gerufen und begleitet damit aktiv den Veränderungsprozess. Sie definiert nicht nur Kernziele für Wachstum und Beschäftigung, Zugang und Teilhabe sowie Vertrauen und Sicherheit, sondern hat auch einen Blick auf die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigung und die Arbeitsmärkte. Die Digitale Agenda setzt deshalb auch Rahmenbedingungen zur Sicherstellung von Freiheit, Transparenz, Datenschutz und -sicherheit sowie Wettbewerb in der digitalen Welt. Ende April hat die Bundesregierung gerade mit dem Legislaturbericht zur Digitalen Agenda 2014 -2017 eine vorläufige, positive Bilanz gezogen.
Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung beschäftigt sich mit dem Thema der Zukunft der Arbeit im Rahmen des Forschungsprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“. Für das Programm (2014 bis 2020) sind insgesamt Mittel in Höhe von etwa einer Milliarde Euro vorgesehen.
Ich bin zuversichtlich, dass die politischen Rahmenbedingungen ihren Beitrag dazu leisten werden, den Wandel auf dem Arbeitsmarkt aktiv und erfolgreich zu begleiten – für die Menschen und den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Wir sind auf einem guten Weg.
von Franz-Josef Holzenkamp (MdB)

IGU e. V.