2/2016 Aus Fehlern lernen: Erfolgreiche Integration bedingt die Verzahnung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Die große Herausforderung, um den Wohlstand und das friedliche Zusammenleben in unserem Land langfristig zu sichern, besteht in dem Zusammenhalt Europas – als Solidargemeinschaft und freizügiger Wirtschaftsraum. In den letzten Monaten sind über eine Million Menschen aus Krisengebieten und Armutsregionen nach Deutschland geflohen. Um die Situation erfolgreich zu bewältigen, müssen wir aus der Vergangenheit lernen und die politischen Rahmenbedingungen der aktuellen Lage anpassen. Aber was bedeutet das?
Wie kein anderes Land steht Deutschland zu seinen humanitären Verpflichtungen.
Um Integration zu gewährleisten muss die Zahl der Flüchtlinge spürbar reduziert werden. Infolge europäischen, internationalen und nationalen Handelns kommen mittlerweile viel weniger Flüchtlinge nach Deutschland. Hier wurde in den letzten Monaten viel auf den Weg gebracht. Auf der einen Seite handelt es sich dabei um internationale Maßnahmen wie das intensive Arbeiten an einer Friedenslösung für Syrien; um europäische Maßnahmen wie das EU-Abkommen mit der Türkei, beschlossene Unterstützungen für die Länder an den EU-Außengrenzen (zum Beispiel Hotspots), Schutz der EU-Außengrenzen; aber vor allem auch um nationale Maßnahmen. Es wurde das Asylpaket I und II verabschiedet, die Verfahrensabläufe beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verbessert, weitere sichere Herkunftsstaaten (Mahgreb-Staaten) benannt und das Ausländerrecht verschärft.
Ein weiterer Baustein ist das geplante Integrationsgesetz. In den ersten Eckpunkten wird deutlich, dass die zu uns kommenden Menschen gefördert und unterstützt werden sollen. Das soll aber zukünftig eng mit ihrem Engagement verbunden sein: Wer sich weigert an Integrationsmaßnahmen teilzunehmen, muss mit Konsequenzen wie Leistungskürzungen rechnen. Dazu gehören neben deutschen Sprachkenntnissen auch Ausbildung oder Arbeit. Das bedeutet, wer eine Ausbildung macht, darf für die Dauer dieser Ausbildung bleiben. Hat er danach einen Job, darf er weitere zwei Jahre bleiben. Ohne Job soll die Duldung zunächst nur für 6 Monate zur Arbeitsplatzsuche verlängert werden.
Rund die Hälfte der Flüchtlinge ist unter 25 Jahre alt. Und viele von ihnen haben eine gute Bleibeperspektive. Ihre Integration kann gelingen, wenn sie dabei unterstützt werden, einen Ausbildungsplatz zu bekommen und eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Hierfür sind eine frühe Berufsorientierung und eine Begleitung wichtig.
Wege in die Ausbildung für Flüchtlinge
Die Bereitschaft der kleinen und mittleren Familienunternehmen im Handwerk, Flüchtlinge mit Bleibeperspektive auszubilden und zu beschäftigen, ist hoch. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) die Initiative „Wege in Ausbildung für Flüchtlinge“ gestartet. Sie arbeiten dabei eng und aufeinander abgestimmt zusammen. Die jungen Flüchtlinge sollen gezielt und praxisnah auf eine Ausbildung im Handwerk vorbereitet werden.
Das BMBF kann dafür auf bewährte Instrumente aus der Initiative „Bildungsketten“ und dem „Berufsorientierungsprogramm“ zurückgreifen. Mit dieser Initiative werden junge Menschen am Übergang von der allgemeinbildenden Schule in Ausbildung individuell begleitet und unterstützt. Dieser Ansatz wird jetzt ausgebaut. Das BMBF bereitet durch das Förderprogramm zur Berufsorientierung für junge Flüchtlinge auf eine Ausbildung im Handwerk vor und setzt dabei auf eine vertiefte fachliche und praktische Berufsorientierung in den Bildungszentren des Handwerks.
Die BA übernimmt durch ihre Berufsberater die zentrale Schnittstellenkommunikation: Individuelle Beratung und Vermittlung von Flüchtlingen in die jeweils passenden Maßnahmen. Bis 2018 sollen mit ihren regionalen Arbeitsagenturen und Jobcentern bis zu 10.000 Jugendliche für einen Eintritt in eine betriebliche Ausbildung unterstützt werden.
Das Handwerk bietet in den Bildungszentren Teilnehmerplätze für eine vertiefte Berufsorientierung und Maßnahmen der Arbeitsförderung und unterstützt den Praxisbezug durch betriebliche Praktika für die Teilnehmer der speziellen Berufsorientierung. Das Handwerk sichert das Angebot von bis zu 10.000 Ausbildungsplätzen zu, so dass jede(r) Teilnehmende bei entsprechenden Voraussetzungen in einen geeigneten Betrieb in Ausbildung übernommen werden kann. Darüber hinaus unterstützt das Handwerk den Integrationsprozess durch seine insgesamt rund 300 Berater im Bereich Ausbildung an den 53 Handwerkskammern.
Für das Programm werden bereits im ersten Jahr 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das Ziel ist die Integration von insgesamt 10.000 Flüchtlingen in den kommenden zwei Jahren in eine Handwerksausbildung. Die Initiative wird mit anderen Maßnahmen auf Bundes-, Landesebene sowie regionaler Ebene koordiniert und für die Zielgruppe optimiert.
„Wir zusammen“ – Eine Initiative unserer Wirtschaft
Zahlreiche deutsche Unternehmen haben in den letzten Monaten Projekte für Flüchtlinge ins Leben gerufen. Die Initiative „Wir zusammen“ erhält Unterstützung aus allen Teilen der Wirtschaft: Von Mittelständlern und Großunternehmen, aus dem produzierenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor. Und das Engagement wird immer größer. Gegenwärtig engagieren sich hier etwa 40 Unternehmen. Die Wirtschaft übernimmt damit Verantwortung für die Integration.
Ganz klar, wir alle wollen die Integration der zu uns kommenden Menschen unterstützen und fördern: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig müssen aber die politischen Rahmenbedingungen und die Regeln für unser Zusammenleben klar gestellt werden. Es muss deutlich werden, dass wer zu uns kommt, sich an die Gesetze halten, unsere Werte achten und Deutsch lernen muss. Unsere Leitkultur gibt bei der Integration den Rahmen vor.
von Franz-Josef Holzenkamp (MdB)

IGU e. V.