4/2011 Quo vadis, Lebensversicherung?

Besonderheiten des Produktes „Lebensversicherung“ werden in den Medien gern diskutiert. In der aktuellen Finanzkrise wird dabei immer häufiger die Frage nach Perspektiven dieser Vorsorgeform gestellt. Bietet die Lebensversicherung nach wie vor einen sicheren Hafen – oder steht die Branche vor einer ungewissen Zukunft?

Was zeichnet eine Lebensversicherung eigentlich aus?

Lebensversicherungen sind in der Regel lang laufende Verträge, die über die gesamte Dauer einen Mindestzins garantieren. Darüber hinaus erhält der Kunde eine nicht garantierte Gewinnbeteiligung. Der Garantiezins – auch Rechnungszins genannt – liegt im Jahr 2011 bei 2,25 Prozent, im nächsten Jahr sinkt der Garantiezins brancheneinheitlich auf 1,75 Prozent. Er wird vom Bundesministerium für Finanzen festgelegt und orientiert sich an den Renditen festverzinslicher Wertpapiere.

Ausschlaggebend für die Rendite einer Lebensversicherung ist aber die zusätzliche Gewinnbeteiligung, die zusammen mit dem Garantiezins die Gesamtverzinsung ergibt. Sie beträgt bei der LVM-Lebensversicherung für bestehende Verträge 4,25 Prozent im Jahr 2011.

Die Lebensversicherung hat aber vor dem demografischen Hintergrund an Bedeutung verloren. Stattdessen ist eine besondere Form der Lebensversicherung in den Vordergrund getreten: die private Rentenversicherung.

Warum ist es wichtig, zwischen Lebens- und Rentenversicherungen zu differenzieren?

Lebensversicherungen wurden früher oft über Laufzeiten von 20, vielleicht 30 Jahren abgeschlossen. Eine schon sehr lange, aber vielleicht noch überschaubare Laufzeit. Bei dem stabilen, hohen Zinsniveau in den 80er und 90er Jahren war es einfach, eine Verzinsung zu garantieren, darüber hinaus eine nicht garantierte Gewinnbeteiligung zu gewähren und den Versicherungsschutz im Todesfall bereitzustellen.

Das Bild hat sich grundlegend geändert. Eine private Rentenversicherung hat einen Zeitpunkt, an dem der Kunde von der Ansparphase in die Leistungsphase wechselt. Hier könnte er sich das Kapital auszahlen lassen, und der Vertrag wäre beendet. Bedarfsgerechter ist aber die Auszahlung als lebenslange Rente. Der Vertrag läuft also meistens viel länger: Bei der ständig steigenden Lebenserwartung sind Vertragslaufzeiten einer privaten Rentenversicherung von 60, 70 und mehr Jahren keine Seltenheit.

Ein Produktmerkmal sowohl der Lebens- als auch der Rentenversicherung sind die Garantien: Bei Vertragsabschluss wird dem Kunden für die gesamte Dauer ein Garantiekapital oder eine lebenslange Garantierente zugesprochen. Die nicht garantierte Gewinnbeteiligung erhöht diese Garantien. Bei den langen Vertragslaufzeiten einer Rentenversicherung und dem aktuell geringen Zinsniveau fällt es naturgemäß immer schwerer, diese Garantien auch abzubilden. Versicherungsunternehmen sind verpflichtet dafür zu sorgen, dass diese über viele Jahrzehnte garantierten Werte auch eingehalten werden können. Sie müssen hierfür entsprechend viel Kapital vorhalten – eine teure Angelegenheit.

Sind Produkte ohne Garantien also eine Alternative?

Bei so etwas Wichtigem wie der eigenen Sicherheit im Alter sind die Kunden nur wenig bereit, die Risiken der Kapitalanlage (und damit eventuelle Verluste des Kapitals) selbst zu tragen. Ein Beispiel für ein Produkt, bei dem keine bestimmte Summe für den Erlebensfall garantiert werden kann, ist die fondsgebundene Lebensversicherung. Doch die Erfahrung zeigt: Kunden wollen Garantien!

Wohin also geht die Reise? In der Branche werden verschiedene Modelle diskutiert, dem Kunden nach wie vor die Sicherheit einer Garantieverzinsung zu bieten, diese aber für den Versicherer tragbar zu halten. So ist fraglich, ob Garantien stets für die gesamte Dauer abgegeben werden müssen oder ob zum Beispiel zeitlich befristete Garantien nicht sogar sinnvoller sein können. Vielleicht lassen sich Garantien auch an einen Index koppeln und somit besser kalkulieren. Solche Änderungen würden sich aber stets nur auf neue Produkte beziehen – bestehende Verträge bleiben unangetastet.

Der Markt ist also in Bewegung. Es steht fest, dass in Zukunft dem Versicherungspartner selbst eine viel stärkere Bedeutung erwächst: Wie gut ist ein Versicherer aufgestellt, wie stark sind seine Reserven und wie intelligent legt er das Geld seiner Kunden an? Und nicht zuletzt: Wie kostengünstig arbeitet das Unternehmen, wie viel oder wenig der Kundengelder wird also durch Kosten verbraucht?

Fazit

Vor dem derzeitigem Hintergrund der Finanzkrise, des aktuellen Zinsniveaus und des lebenslangen  Versorgungsbedarfs werden Produkte mit Garantien immer wertvoller. Risiken wie Tod, Berufsunfähigkeit oder Langlebigkeit können nur von Versicherungsunternehmen getragen werden. Eine fachkundige Beratung und permanente Begleitung in Vorsorgefragen ist das „A“ und „O“. Was ist schlimmer als irgendwann festzustellen, dass am Ende des Geldes noch so viel Leben übrig ist?
■ Hans-Peter Süßmuth

IGU e. V.