3/2017 Digitale Arbeitswelt und das neue Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG)

Durch den Einsatz von Arbeitskraft wird Einkommen erzielt. Je produktiver Arbeitskraft eingesetzt werden kann, desto stabiler ist die Grundlage für die Zahlung von Löhnen und Gehältern und wirkt sich auf deren Höhe aus. Der zunehmende Einfluss der Digitalisierung auf die Inhalte der Arbeitswelt wirft auch Fragen der Vergütungsgrundlagen auf. Wird die Leistung von Maschinen, wird die Produktivität von Technik eine Grundlage für die Finanzierung von Arbeitseinkommen von Menschen sein können?
Bekanntermaßen stellt die Höhe des Arbeitseinkommens in mehrfacher Hinsicht die Grundlage für soziale Leistungen dar. Beiträge zur Sozialversicherung, aber auch deren Leistungen werden häufig an der Höhe des Arbeitseinkommens bemessen. Vorsorgemaßnahmen, auch im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) erhalten Wertigkeit, wenn deren Relation zum Arbeitseinkommen als angemessen empfunden werden.
Auf die Verbreitung und Stärkung der betrieblichen Altersversorgung (insbesondere für kleine und mittlere Betriebe) zielt das neue Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) ab. Neben den bereits bekannten Gestaltungsformen der betrieblichen Altersversorgung wird es künftig eine neue Form der bAV geben, die von den Tarifvertragsparteien gesteuert wird.

Betriebsrentenstärkungsgesetz – Änderungen ab 1.1. 2018

Neues Sozialpartnermodell – reine Beitragszusage
Das „Sozialpartnermodell“ unterscheidet sich in mehreren Punkten von den übrigen Formen der bAV: Die Arbeitgeber müssen bei diesem Modell künftig keine Rente in einer bestimmten Höhe mehr garantieren. Der Arbeitgeber steht lediglich für die sogenannte Zielrente, eine vorab definierte Betriebsrente entsprechend der eingezahlten Beiträge ein, nicht für deren Rendite. Dafür zahlt der Arbeitgeber einen Sicherungsbeitrag (steuer- und sozialabgabenfrei) an die Versorgungseinrichtung für eine höhere Kapitaldeckung.
Das Sozialpartnermodell wird durch Branchen-Tarifverträge eingeführt. Nicht-tarifgebundene Unternehmen können die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelungen vereinbaren.
Auf den sozialversicherungsfreien Entgeltumwandlungsbetrag muss der Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent an die Versorgungseinrichtung zahlen.
Mit Einführung der reinen Beitragszusage erhofft sich die Politik eine bessere Akzeptanz auf der Arbeitgeberseite, weil das neue Modell der reinen Beitragszusage Arbeitgeber von garantierten Leistungen entbindet und Haftungsrisiken minimiert. Gerade in Klein- und mittelständischen Betrieben soll der Verbreitungsgrad der bAV verbessert werden. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie Arbeitnehmer mit der neuen Beitragszusage ohne planbare Rentenhöhen und Garantien und dem Verzicht auf eine Kapitaloption umgehen werden.
Die Praxis wird zeigen, welche Veränderungen sich langfristig durch das BRSG ergeben. Offen ist derzeit auch, ob und welche Branchen entsprechende Tarifverträge in Folge des BRSG zur bAV abschließen werden.
Dies sind weitere Kernpunkte der Reform durch das BRSG für die bisherigen Durchführungswege:
◗ Erhöhung der steuerlichen Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG
Der Förderrahmen von 4 Prozent wird auf 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG) erhöht. Die Sozialabgabenfreiheit bleibt jedoch auf 4 Prozent der BBG begrenzt.
◗ Änderungen für Geringverdiener – neuer Förderbeitrag für Arbeitgeber
Um Geringverdiener stärker als bisher zu fördern, werden neue Anreize für den Aufbau einer bAV gesetzt. Als Geringverdiener zählen Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von bis zu 2.200 Euro monatlich. Zahlt der Arbeitgeber für diese Arbeitnehmer in eine zusätzliche bAV ein, so kann er 30 Prozent von der Lohnsteuer des Arbeitnehmers einbehalten. Für Beiträge von mindestens 240 bis 480 Euro im Jahr beträgt der Förderbeitrag also 72 bis 144 Euro.
◗ Höhere Riesterförderung
Die Grundzulage wird von 154 auf 175 Euro erhöht. Auch die Riester-bAV ist künftig in der Leistungsphase sozialabgabenfrei. Die Doppelverbeitragung entfällt damit.
◗ Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss
Soweit der Arbeitgeber bei der Umsetzung des Anspruchs des Mitarbeiters auf Entgeltumwandlung Sozialabgaben einspart, muss er pauschal 15 Prozent des umgewandelten Entgelts als Arbeitgeberzuschuss leisten (ab 1.1.2019). Für bis dahin getroffene Umwandlungsvereinbarungen gilt eine Übergangsfrist von 3 Jahren, so dass die Neuregelung für bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene Umwandlungsvereinbarungen erst ab dem 1.1.2022 anzuwenden ist. (Gilt nicht für die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse)
◗ Vervielfältigungsregel und Nachholung von Beiträgen nach § 3 Nr. 63 EStG
Aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses können je Dienstjahr 4 Prozent der BBG steuerfrei als Beitrag in eine bAV einge zahlt werden – maximal für 10 Jahre (z. B. 2017 bis zu 30.480 Euro).
Künftig ist auch eine Nachholung von Beitragslücken für Kalenderjahre möglich, in denen das erste Dienstverhältnis ruhte (Krankheit, Elternzeit, Sabbatical) – maximal für 10 Jahre.
■ Veronika Behrendt

IGU e. V.