3/2012 Die Eurokrise – Lackmustest für die Zukunft

Die Staatsschuldenkrise im Euroraum hat sich zu einer handfesten Vertrauenskrise entwickelt, die die Grundfesten der europäischen Währungsunion erschüttert. Die Staatsschuldenkrise begann, als die europäischen Banken in Folge der weltweiten Finanz und Wirtschaftskrise erheblich geschwächt waren. Es muss jetzt gelingen, die Wechselwirkung von Banken- und Staatsschuldenkrise zu entkoppeln, um ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu verhindern. Gerade für Deutschland birgt ein Aus der Eurozone gewaltige volkswirtschaftliche Risiken.

Deutschland profitiert im besonderen Maße von der Währungsunion und dem Euro.

Ohne den Euro wäre Deutschland nicht dort, wo es heute ist: eine weltweit führende Exportnation und europäischer Wachstumsmotor. Nicht nur, dass fast jeder zweite Euro aus dem Export geschöpft wird, auch Millionen Arbeitsplätze sind vom europäischen Binnenmarkt abhängig. Dadurch, dass die Wechselkursrisiken in der Eurozone weggefallen sind, sparen deutsche Unternehmen jedes Jahr mehrere Milliarden Euro. Und auch die Verbraucher profitieren vom freien Wettbewerb, der zu einem größeren Angebot und geringeren Preisen führt.

Der Euro ist stabil und muss es auch bleiben.

Seit seiner Einführung hat er gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert gewonnen und sorgt für niedrige Inflationsraten sowie eine hohe Kaufkraft. Die Inflationsrate ist geringer als in den letzten zehn Jahren der D-Mark. Weltweit ist der Euro neben dem US-Dollar zur zweiten Leitwährung geworden.

Szenario: Zurück zur D-Mark

Eine Wiedereinführung von Nationalwährungen wird es nicht ohne erhebliche Einbußen geben. Eine Umstellung auf die D-Mark würde sicherlich viele Investoren anziehen und die D-Mark erheblich aufwerten. Mit der Folge, dass nicht nur die deutschen Exporte deutlich teurer werden, sondern auch eine Rezession mit einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit einsetzen würde. In den gegenwärtigen Krisenstaaten würde eine Wiedereinführung ihrer Nationalwährung dahingegen zu Abwertungen führen. Dies bedeutet, dass sie zwar ihre Waren günstig anbieten und ihre Arbeitslosigkeit abbauen könnten, aber gleichzeitig dann wohl nicht ihre Schulden aus den Rettungspaketen zurückzahlen, die in Euro bestehen bleiben. Und der deutsche Steuerzahler würde auf riesigen Verlusten sitzen bleiben.

Damit dieses Szenario nicht Wirklichkeit wird, muss die gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion dauerhaft stabilisiert werden, damit das Wohlergehen Deutschlands in Europa und der Welt gewahrt wird. Es muss ein Teufelskreis vermieden werden, in dem Banken Finanzierungsschwierigkeiten haben, weil die finanzielle Leistungsfähigkeit des betroffenen Mitgliedsstaates angezweifelt wird, und Staaten vornehmlich deswegen Finanzierungsprobleme haben, weil unklar ist, wie stark sie für etwaige Stützungen von Banken in Anspruch genommen werden.

Währungsunion reformieren – Flächenbrand verhindern

Ob Griechenland, Spanien, Portugal oder Irland – die Beispiele machen eins deutlich: Die Wirtschafts- und Währungsunion in ihrer jetzigen Form wird nicht dauerhaft existieren können. Denn es können Situationen auftreten, in denen akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder kurzfristig von ihren Partnern unterstützt werden müssen. Ein Nichthandeln könnte, wie der Einbruch der heimischen Wirtschaft um 5,1 Prozent im Nachgang der Lehman Brothers-Pleite im Jahr 2009 zeigte, ebenfalls einen Flächenbrand mit unabsehbaren Folgen für ganz Europa und damit auch für die deutsche Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte auslösen.

ESM und Fiskalpakt

Deshalb hat der Deutsche Bundestag die Ratifizierung des europäischen Fiskalvertrages und des Vertrages über einen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im Juli 2012 beschlossen, um die europäische Währungsunion dauerhaft zu stabilisieren. Mit dem europäischen Fiskalvertrag verpflichten sich die Staaten zu verbindlichen Schulden begrenzenden Regeln, die der Schuldenbremse des Grundgesetzes sehr ähnlich sind. Die Einführung einer Schuldenbremse nach deutschem Vorbild in allen Euro-Staaten ist eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung. Der Fiskalvertrag sorgt dafür, dass die Ursachen der Staatsschuldenkrise im Euroraum bekämpft und solche Krisen künftig besser vermieden werden.

Der ESM garantiert, dass Euro-Staaten sich notfalls zu akzeptablen Konditionen (re-)finanzieren können. Es geht nicht um die Vergemeinschaftung von Schulden, sondern darum, den Euro-Raum auf Basis einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung und Steuerung insgesamt auf ein neues Fundament zu stellen. Jedes Land muss weiterhin für seine eigenen Verbindlichkeiten und finanziellen Verpflichtungen einstehen. Das Ziel ist eine Stabilitätsunion und keine Transfer- und Schuldenunion. Da die Haftung des ESM begrenzt ist, kann man den ESM keinesfalls mit Eurobonds, also mit unbeschränkter gegenseitiger und gesamtschuldnerischer Haftung, gleichsetzen. Dabei wird es auch bleiben. Darüber hinaus hat Deutschland grundsätzlich durch das Einstimmigkeitsprinzip und die Mehrheitsregeln bei wichtigen Entscheidungen immer ein Vetorecht. Und damit eine weitreichende Kontrolle über die Rettungsschirme.

Finanztransaktionssteuer

Ein weiteres Instrument zur Stabilisierung der Finanzmärkte ist die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Insgesamt neun Mitgliedstaaten haben das Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene auf den Weg gebracht, das bis zum Dezember abgeschlossen werden soll. Mit der Einführung werden viele spekulative Finanzgeschäfte unattraktiver, zum Beispiel der Hochfrequenzhandel, aber auch der Devisen- und Derivatehandel.

Für Europa und Deutschland geht es um sehr viel. Ein Auseinanderbrechen könnte Deutschland sowohl wirtschaftlich, als auch politisch und gesellschaftlich, um Jahre zurückwerfen.

Deshalb ist ein Bündel von Maßnahmen notwendig, damit die Währungsunion funktionieren kann. Und das kann sie nur, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft solide wirtschaftet und wettbewerbsfähig ist. Das bedeutet gleichzeitig, dass Hilfen nur in Form von Krediten gewährt werden, die verzinst zurückgezahlt werden müssen und nur gegen Reformauflagen gewährt werden.

Franz-Josef Holzenkamp
(MdB)

IGU e. V.